Ausblick:  Quaternionen und Oktaven

 Betrachtet man die Konstruktion von  = 2, so kann man sich fragen, ob man nicht auch auf dem 3 eine Körpermultiplikation einführen könnte. Seien hierzu

1  =  (1, 0, 0),  i  =  (0, 1, 0),  j  =  (0, 0, 1).

Um eine Multiplikation auf dem 3 zu erklären, die die Multiplikation von  und  fortsetzt (unter der Konvention  ⊆ 2 ⊆ 3), müssten wir lediglich die folgende Multiplikationstafel geeignet füllen:

·

1

i

j

1

1

i

j

i

i

−1

?

j

j

?

?

Der Ansatz

i · j  =  α  +  β i  +  γ j  für gewisse α, β, γ  ∈  

führt aber durch Multiplikation mit i zu

− j  =  αi  −  β  +  γ(α  +  β i  +  γj)  =  (− β + αγ)  +  (α + βγ)i  +  γ2j.

Dann müsste aber γ2 = −1 für die reelle Zahl γ gelten, was unmöglich ist.

 Überraschenderweise ist eine „gute“ Multiplikation aber auf dem 4 möglich, wobei wir das Kommutativitätsaxiom (K8) für die Multiplikation opfern müssen. Seien hierzu

1  =  e1  =  (1, 0, 0, 0),  i  =  e2  =  (0, 1, 0, 0),

j  =  e3  =  (0, 0, 1, 0),  k  =  e4  =  (0, 0, 0, 1).

Wir erklären eine Multiplikation für die vier Einheitsvektoren wie folgt:

·

1

i

j

k

1

1

i

j

k

i

i

−1

k

−j

j

j

−k

−1

i

k

k

j

−i

−1

Dabei bilden die Elemente der linken Spalte die ersten Faktoren eines Produkts, sodass zum Beispiel j · k = i und k · j = −i.

 Die Tabelle kann man sich leicht merken:

Die zyklische Merkregel

Schreiben wir i, j, k, i, j, so liefert ein „Vorwärtsprodukt“ zweier Nachbarn das nächste Element und ein „Rückwärtsprodukt“ zweier Nachbarn das Negative des vorangehenden Elements.

 Die Multiplikation für die Einheitsvektoren e1, …, e4 induziert eine Multiplikation auf dem ganzen Raum 4, indem wir für alle Quadrupel x = (x1, …, x4) und y = (y1, …, y4) im 4 setzen:

x  ·  y  =  1 ≤ n, m ≤ 4 (xn ym) (en em).

Rechnen wir dies aus, so erhalten wir:

x · y  = (x1 y1 − x2 y2 − x3 y3 − x4 y4)  1 + 
(x1 y2 + x2 y1 + x3 y4 − x4 y3)  i + 
(x1 y3 − x2 y4 + x3 y1 + x4 y2)  j + 
(x1 y4 + x2 y3 − x3 y2 + x4 y1)  k.

 Wir definieren:

Definition (Quaternionen, )

Wir setzen  = 4 und versehen  mit der üblichen Vektoraddition und der oben definierten Multiplikation. Die Elemente von  heißen (Hamiltonsche) Quaternionen.

 Man rechnet nun direkt nach, dass  alle Körperaxiome mit Ausnahme von (K8) erfüllt. Dabei ist es wieder nützlich, die Konjugierte

x  =  x1  −  x2 i  −  x3 j  −  x4 k

zu verwenden. Denn für alle x  ∈   gilt

x x  =  x12  +  x22  +  x32  +  x42  =  |x|2,

sodass für x ≠ 0 die Quaternion x/|x|2 multiplikativ invers zu x ist.

 In  gilt das rechtsseitige Distributivgesetz

(x + y)z  =  x z + y z  für alle x, y, z  ∈  ,

was ja mangels Kommutativität der Multiplikation nun nicht mehr selbstverständlich ist.

Quaternionen als Paare komplexer Zahlen

 Quaternionen können wir auch als Elemente von  ×  = 2 auffassen, indem wir ein Quadrupel (x1, x2, x3, x4)  ∈  4 mit dem Paar ((x1, x2), (x3, x4))  ∈  2 identifizieren. Die Multiplikation auf  = 2 kann dann elegant erklärt werden durch

(u, v) · (w, z)  =  (u w  −  v z,  u z  +  v w)  für alle (u, v), (w, z)  ∈  2,

wobei wir rechts die Operationen in  verwenden. Man rechnet nach, dass diese Multiplikation für -Paare mit der Multiplikation für -Quadrupel übereinstimmt.

Oktaven

 Auf dem 8 kann man noch eine „gute“ Multiplikation erklären, wobei nun für die Multiplikation auch die Assoziativität verloren geht. Zusammen mit der Vektoraddition wird der 8 so zu den (Cayleyschen) Oktaven 𝕆. Die Multiplikation für Oktaven ergibt sich dabei aus der folgenden Tafel für die kanonischen Einheitsvektoren e1, …, e8 des 8:

·

e1

e2

e3

e4

e5

e6

e7

e8

e1

e1

e2

e3

e4

e5

e6

e7

e8

e2

e2

−e1

e4

−e3

e6

−e5

−e8

e7

e3

e3

−e4

−e1

e2

e7

e8

−e5

−e6

e4

e4

e3

−e2

−e1

e8

−e7

e6

−e5

e5

e5

−e6

−e7

−e8

−e1

e2

e3

e4

e6

e6

e5

−e8

e7

−e2

−e1

−e4

e3

e7

e7

e8

e5

−e6

−e3

e4

−e1

−e2

e8

e8

−e7

e6

e5

−e4

−e3

e2

−e1

 Es gilt also zum Beispiel

(e2 e3) e5  =  e8,  e2 (e3 e5)  =  − e8,

sodass die Multiplikation für Oktaven nicht mehr assoziativ ist. Klammern dürfen bei Produkten nicht mehr weggelassen werden. Abgesehen von (K5) und (K8) gelten aber die anderen Körperaxiome.

 Ist n ≠ 1, 2, 4, 8, so lässt sich auf dem n keine Multiplikation erklären, die zusammen mit der komponentenweisen Vektoraddition eine körperähnliche Struktur erzeugen würde. Dass dies so ist, ist ein nichttriviales Resultat, das mit Methoden der algebraischen Topologie bewiesen werden kann.