Lokale Extrema
Grundlegend für alles Weitere sind die folgenden Begriffe und Sprechweisen:
Definition (lokales Maximum, Minimum, Extremum)
Sei f : P → ℝ, und sei p ∈ P. Dann heißt (p, f (p)) ∈ ℝ2 ein lokales Maximum oder ein Hochpunkt von f, falls gilt:
f (x) ≤ f (p) links und rechts von p.
Wir sagen auch, dass die Funktion f an der Stelle p ein lokales Maximum besitzt oder es in p annimmt.
Analog ist ein lokales Minimum (Tiefpunkt) definiert. Weiter heißt (p, f (p)) ein lokales Extremum von f, falls (p, f (p)) ein lokales Maximum oder Minimum von f ist.
Ein lokales Extremum (p, f (p)) heißt strikt, falls ein ε > 0 existiert mit
f (x) ≠ f (p) links und rechts von p.
Ist (p, f (p)) ein lokales Extremum von f, so heißt p eine lokale Extremalstelle und f (p) ein lokaler Extremwert von f. Analog sind lokale Maximal- und Minimalstellen und lokale Maximal- und Minimalwerte definiert.
Wie in „Nullstelle“ und „Zwischenwertsatz“ verwenden wir also „Stelle“ zur Bezeichnung eines Elements des Definitionsbereichs von f und „Wert“ zur Bezeichnung eines Elements des Wertebereichs von f. Lokale Extrema fassen wir dagegen als Punkte der Ebene auf, wie es ja auch der Anschauung entspricht: Wenn wir in einem Diagramm einer Funktion auf ein lokales Maximum deuten, so zeigen wir auf einen Punkt der Form (p, f (p)).
Ein Maximum oder Minimum einer Funktion f (wie im Extremwertsatz von Weierstraß) bezeichnen wir auch als globales Maximum oder Minimum.
Beispiele
(1) | Der Kosinus hat seine Hoch- und Tiefpunkte genau an den ganzzahligen Vielfachen von π. Jedes Extremum ist strikt, und lokale Minimal- und Maximalstellen wechseln sich ab. Alle Extrema sind global. |
(2) | Ist f : P → ℝ konstant gleich c, so ist jeder Punkt (p, c) mit p ∈ P ein Hoch- und Tiefpunkt. Umgekehrt gilt: Ist (p, f (p)) ein lokales Maximum und Minimum einer Funktion f : P → ℝ , so ist f links und rechts von p konstant gleich f (p). |
(3) | Sei f : [ 0, 1 ] → ℝ mit f (x) = x für alle x ∈ [ 0, 1 ]. Dann sind (0, 0) und (1, 1) Extrema von f. Dagegen hat g : ] 0, 1 [ → ℝ mit g(x) = x für alle x ∈ ] 0, 1 [ keine lokalen Extrema. |
Lokale Extrema einer Funktion f : [ a, b ] → ℝ. p ist eine lokale Maximalstelle, f (p) ein lokaler Maximalwert und (p, f (p)) ein lokales Maximum von f. Die beiden rechten lokalen Extremwerte sind global.
Der Satz über die Tangentensteigung an Extremalstellen des letzten Kapitels gilt auch in einer lokalen Version. Wir erhalten:
Satz (notwendiges Kriterium für lokale Extrema)
Sei f : ] a, b [ → ℝ differenzierbar an einer Stelle p ∈ ] a, b [ , und sei (p, f (p)) ein lokales Extremum von f. Dann gilt f ′(p) = 0.
Der Leser führe sich noch einmal das Argument vor Augen: Ist p ein lokales Maximum von f, so sind die Differenzenquotienten f [ x, p ] = (f (x) − f (p))/(x − p) links von p größergleich 0 und rechts von p kleinergleich 0. Damit muss f ′(p) = 0 gelten. Analoges gilt für lokale Minima.
Im Inneren eines Definitionsintervalls sind also die lokalen Extremalstellen unter den kritischen Punkten zu suchen. Salopp formuliert:
Kritische Punkte sind Kandidaten für lokale Extrema.
Es ist instruktiv, Gegenbeispiele zu betrachten:
Beispiele
(1) | Die Funktion f mit f (x) = x3 für alle x ∈ ℝ zeigt, dass das Kriterium „f ′(p) = 0“ des Satzes nicht hinreichend ist. Es gilt f ′(0) = 0, aber der Nullpunkt ist keine lokale Extremalstelle von f. Allgemein gilt dies für alle Monome xn mit einer ungeraden Potenz n ≥ 3. |
(2) | Das Kriterium ist für Randstellen eines Definitionsintervalls im Allgemeinen nicht gültig: Die obige Funktion f : [ 0, 1 ] → ℝ mit f (x) = x hat an den Stellen 0 und 1 lokale Extrema. Aber die Ableitung f ′ : [ 0, 1 ] → ℝ ist konstant gleich 1 und hat keine Nullstellen. |