Das Ober-, Unter- und Darboux-Integral
Der der Approximation durch Ober- und Untersummen entsprechende Grenzübergang lässt sich ebenfalls mit Hilfe von Suprema und Infima durchführen :
Definition (Ober- und Unterintegral, Darboux-Integral)
Sei f : [ a, b ] → ℝ beschränkt. Dann setzen wir :
S f = infp Sp f, s f = supp sp f.
Die Zahlen S f und s f heißen das Ober- bzw. Unterintegral von f. Die Funktion f heißt Darboux-integrierbar, falls S f = s f. In diesem Fall heißt
c = S f = s f
das Darboux-Integral von f.
Das Oberintegral S f und das Unterintegral s f existieren für jede beschränkte Funktion f : [ a, b ] → ℝ. Stets gilt s f ≤ S f. Stimmen die beiden Werte überein, so ist der Versuch der Flächenmessung mit Hilfe von Ober- und Untersummen erfolgreich und wir nennen die Funktion dann Darboux-integrierbar.
Die Darboux-Integrierbarkeit können wir sehr kompakt notieren:
Satz (Umformulierung der Darboux-Integrierbarkeit)
Sei f : [ a, b ] → ℝ beschränkt. Dann sind äquivalent:
(a) | f ist Darboux-integrierbar. |
(b) | Für alle ε > 0 existiert eine Partition p von [ a, b ] mit Sp f − sp f < ε. (Darbouxsche Integrierbarkeitsbedingung) |
Beweis
(a) impliziert (b):
Sei ε > 0. Wegen S f = s f existieren Partitionen p und q von [ a, b ] mit
Sp f − S f < ε2 , s f − sq f < ε2 .
Sei nun r eine Verfeinerung von p und q, d. h., eine Partition von [ a, b ], deren Stützstellen die Stützstellen von p und q umfasst. Dann gilt (Übung)
Sp f ≥ Sr f ≥ S f = s f ≥ sr f ≥ sq f
und damit
Sr f − sr f < ε.
(b) impliziert (a) :
Sei ε > 0 und p eine Partition mit Sp f − spf < ε. Wegen
Sp f ≥ S f ≥ s f ≥ sp f
gilt dann auch S f − s f < ε. Da ε > 0 beliebig ist, folgt S f = s f.
Zum Nachweis der Darboux-Integrierbarkeit genügt es also, für jedes ε > 0 eine Partition p zu finden, sodass die Ober- und Untersumme von f bzgl. p weniger als ε voneinander abweichen.
Die Oszillation einer Funktion
Wir betrachten die Differenzen Sp f − sp f noch etwas genauer.
Definition (Oszillation einer Funktion auf einer Menge)
Ist P ⊆ ℝ, f : P → ℝ und A ⊆ P, so heißt
osA(f) = supx ∈ A f (x) − infx ∈ A f (x)
die Oszillation von f auf A.
Die Darbouxsche Integrierbarkeitsbedingung für ein f : [ a, b ] → ℝ besagt, dass wir für jedes ε > 0 eine Partition p = (tk)k ≤ n von [ a, b ] finden können, sodass die Summe ∑k ≤ n (os[ tk, tk + 1 ] f) (tk + 1 − tk) der mit den Intervall-Längen gewichteten Oszillationen von f kleiner als ε ist. Es gilt
osA(f) = supx1, x2 ∈ A |f (x1) − f (x2)|,
sodass wir die Darbouxsche Integrierbarkeitsbedingung auch wie folgt formulieren können : Für alle ε > 0 existiert eine Partition p = (tk)k ≤ n mit
∑k ≤ n (supx1, x2 ∈ [ tk, tk + 1 ] |f (x1) − f (x2)|) (tk + 1 − tk) < ε.