Das Dirichlet-Integral
Ein weiteres berühmtes uneigentliches Integral ist das Integral über den Kardinalsinus si : ℝ → ℝ mit
si(x) = sin(x)x für x ≠ 0, si(0) = 1.
Diese Funktion hatten wir in der Analysis zur Berechnung von ζ(2) = ∑n ≥ 1 = π2/6 verwendet. Unter dem Dirichlet-Integral versteht man das uneigentliche Integral
(+) ∫∞0 si(x) dx
oder aufgrund der Symmetrie gleichwertig das Integral
∫∞−∞ si(x) dx = 2 ∫∞0 si(x) dx.
Das uneigentliche Integral (+) existiert. Zum Nachweis lässt sich das Leibniz-Kriterium für alternierende Reihen verwenden oder alternativ partielle Integration (beispielsweise auf [ 1, ∞ ], da die Funktion auf [ 0, 1 ] unproblematisch ist). Dagegen ist das uneigentliche Integral über |si(x)| unendlich. Die Beweise dieser Eigenschaften seien dem Leser zur Übung überlassen.
Der Wert des Integrals ist erneut nicht leicht zu berechnen. Wir werden später zeigen, dass
∫∞0 si(x) dx = π2, ∫∞−∞ si(x) dx = π.
Bemerkenswert ist, dass sich aus diesem Wert die uneigentlichen Integrale über sin(x)2/x2, sin(x)3/x3, … durch partielle Integration und trigonometrische Formeln berechnen lassen. Die Substitution „t = n x, dt = n dx“ liefert
∫∞0 sin(nx)x dx = ∫∞0 sin(t)t dt = π2 für alle n ≥ 1.
Durch partielle Integration und die Verdopplungsformel sin(2x) = 2 cos(x) sin(x) erhalten wir
∫∞0 sin(x)2x2 dx = 0 + ∫∞0 2 sin(x) cos(x)x = ∫∞0 sin(2x)x = π2.
Ähnlich ergibt sich mit Hilfe der Formel sin(x)3 = 3 sin(x) − sin(3x), dass
∫∞0 sin(x)3x3 = 3π8.
(Beweis als Übung.)