Differenzierbarkeit und Holomorphie
Die grundlegende Definition der Funktionentheorie ist:
Definition (komplexe Differentiation, holomorph, ganz)
Sei P ⊆ ℂ offen und nichtleer, und sei f : P → ℂ. Weiter sei p ∈ P. Dann heißt f (komplex) differenzierbar an der Stelle p, falls
f ′(p) = dfdz (p) = limz → p f (z) − f (p)z − p = limh → 0 f (p + h) − f (p)h
existiert. Die komplexe Zahl f ′(p) heißt die Ableitung von f an der Stelle p. Existiert die Ableitung f ′(p) für alle p ∈ P, so heißt f komplex differenzierbar oder holomorph. Ist P = ℂ, so heißt f eine ganze Funktion. Wir setzen
𝒪(P) = { f : P → ℂ | f ist holomorph }.
Statt an der Stelle p sagen wir wieder auch im Punkt p oder kurz in p oder bei p. Allgemein übernehmen wir wo immer möglich Notationen und Sprechweisen aus dem Reellen.
Holomorphie: Offene Definitionsbereiche
Die Holomorphie einer komplexen Funktion f : P → ℂ bedeutet:
(1) | P ist offen und nichtleer. |
(2) | f ist komplex differenzierbar in allen p ∈ P. |
Dass P nichtleer sein soll wird kaum verwundern. Die Beschränkung auf offene Definitionsbereiche kennen wir bereits aus der mehrdimensionalen reellen Analysis (vgl. die dortige Diskussion). Alle Begriffe der mehrdimensionalen Differentiation sind für f : P → ℂ, P ⊆ ℂ nichtleer und offen, erklärt (mit den Dimensionen m = n = 2): Komponentenfunktionen, partielle und totale Differenzierbarkeit, Richtungsableitung, stetige Differenzierbarkeit, Jacobi-Matrix, Differentialoperatoren usw.
Aufgrund der Offenheit von P gilt:
(i) | Jeder Punkt p ∈ P kann von allen Richtungen her in P angesteuert werden. Der Punkt p hat um sich die volle zweidimensionale Struktur der Ebene. |
(ii) | Der topologische Zusammenhang von P ist gleichbedeutend mit dem Wegzusammenhang (mit achsenparallelen Streckenzügen). |
(iii) | Die Relativtopologie von P besteht einfach aus den offenen Mengen von ℂ, die Teilmengen von P sind. Ein A ⊆ P ist genau dann abgeschlossen in P, wenn A′ ∩ P ⊆ P. |
Sehr wichtige offene Definitionsbereiche sind:
Definition (Gebiet)
Ein G ⊆ ℂ heißt ein Gebiet, falls G offen, nichtleer und zusammenhängend ist.
Konvention: P für Bereiche, G für Gebiete
Im Folgenden ist der Definitionsbereich P von f : P → ℂ stets eine nichtleere offene Menge komplexer Zahlen. Eine solche Menge heißt traditionell auch ein Bereich in ℂ. P ist nach wie vor eine „Punktmenge“, sodass wir wie schon in der mehrdimensionalen Analysis beim Buchstaben P bleiben. In der Literatur sind auch „D“ für Definitionsbereich und „U“ für „offen“ üblich. Weiter steht ein G immer für ein Gebiet.