Die Kutta-Joukowsky-Abbildung

 Eine bemerkenswerte rationale Funktion ist die Kutta-Joukowsky-Abbildung kj :   mit

kj(z)  =  12 (z + 1z)  =  z2 + z2z  für alle z ≠ 0.

Die Abbildung wird manchmal auch ohne den Faktor 1/2 definiert. In der Funktionentheorie ist die skalierte Form besonders naheliegend, da sie bei den komplexen trigonometrischen Funktionen so auftaucht.

Elementare Eigenschaften

(a)

kj hat einen Pol bei 0 und Nullstellen bei ± i.

(b)

Für alle z ≠ 0 gilt:

(i)

kj(z)  =  kj(z),(Konjugation)

(ii)

kj(1/z)  =  kj(z),(Invertierungs-Invarianz)

(iii)

sq(z)  =  2 z kj(z) − 1,

(iv)

− i kj(iz)  =  1/2 (z − 1/z).

Damit ist des nicht nötig, eine Minus-Version „z − 1/z“ zu betrachten.

(c)

Auf * gilt

kj(x)  ≥  1  für x > 0,  kj(x)  ≤  −1  für x < 0.

Dies folgt aus

0  ≤  (x − 1)2  =  x2 − 2x + 1,

sodass x2 + 1 ≥ 2x. Hieraus ergibt sich x + 1/x ≥ 2 für x > 0 und x + 1/x ≤ 2 für x < 0. Insgesamt ist

kj [* ]  =  ] −∞, 1 ]  ∪  [ 1, ∞ [.

(d)

Das auf der reellen Achse fehlende Werteintervall ] −1, 1 [ wird auf dem Einheitskreis K durchlaufen, und zwar einmal oberhalb und einmal unterhalb der x-Achse. Denn für alle x  ∈   gilt:

kj(eix)  =  (eix + e−ix)/2  =  Re(eix)  =  cos(x).

Für die abgeschlossene obere bzw. untere Kreislinie K± gilt also:

kj [ K+ ]  =  kj [ K ]  =  [ −1, 1 ].

Umkehrung

Lösen wir w = kj(z) nach z auf, so erhalten wir 2w = z + 1/z. Multiplikation mit z und Umstellung ergibt die Gleichung

z2  −  2wz  +  1  =  0,

die wir bei der Diskussion der allgemeinen Wurzeln bereits betrachtet haben. Sie wird mit zwei Schnitten ] −∞, 1 ] und [ 1, ∞ [ stetig gelöst durch

z1,2  =  w  ±  i 1w2.

Wegen kj(i) = 0 folgt aus „i = 0 ± i 102 = ± i“ ein positives Vorzeichen, wenn für z = i aufgelöst wird. Für z = − i wählen wir Minus.

Insgesamt ergibt sich mit der oberen Halbebene  = W( ] 0, ∞ [ ) und der doppelt geschlitzten Ebene − − =  − { x  ∈   | |x| ≥ 1 }:

kj  :    − −  ist biholomorph mit

kj−1  :  − −  ,  kj−1(z)  =  z  +  i 1z2  für alle z  ∈  − −.

Erweitert gilt kj :  ∪   bijektiv.

Daneben führt auch die Einheitskreisscheibe zu Bijektionen. Es gilt

kj  :  U1(0)   − [ −1, 1 ]  biholomorph.

Wir überlassen die ausführlichen Nachweise dieser Abbildungseigenschaften dem Leser zur Übung.

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Die Kutta-Joukowsky-Abbildung kj mit kj(z) = (z + z−1)/2 für z ≠ 0. Die Abbildung hat Nullstellen bei ±i und einen Pol bei 0. Für z mit großem Betrag ist f (z) ∼ z/2, sodass die Färbung asymptotisch in eine skalierte Grundfärbung übergeht.

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Mit Gitter auf einem kleineren Ausschnitt. Genau die Werte auf K1 und  sind reell. Im Einheitskreis und der oberen wie unteren Halbebene finden wir das volle Farbspektrum.

cana1-AbbIDcomplex_kuttaj_1c

kj in voller Schönheit auf dem Einheitskreis

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3d-Plot der Kutta-Joukowsky-Abbildung

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Die Umkehrabbildung kj−1 : − −  , kj−1(z) = z + i 1z2 mit zwei Schnitten.

Die Funktion kann unstetig nach  fortgesetzt werden (mit gleicher Formel).

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Das Bild kj [ K ] des Kreises K mit Mittelpunkt z0 = (1/4, 1/4) und Radius r = |1 − z0|. Die Farben entsprechen einander. Die Tragflächenform war ein Hauptmotiv für die Einführung der Funktion durch Kutta und Joukowsky.

Die Cayley-Abbildung

 Eine weitere bemerkenswerte rationale Funktion ist die biholomorphe Cayley-Abbildung f :   U1(0) und ihre Umkehrabbildung f −1 : U1(0)  , die definiert sind durch

f (z)  =  z − iz + i  für alle z  ∈  ,  f −1(z)  =  i 1 + z1 − z  für alle z  ∈  U1(0).

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Die Cayley-Abbildung auf einem Ausschnitt der offenen oberen Halbebene . Die Farben finden sich im Inneren des Einheitskreises der Grundfärbung.

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Die Umkehrabbildung der Cayley-Abbildung auf der Einheitskreisscheibe U1(0).

cana1-AbbIDcomplex3d_cayley_1

Die auf  − { − i } definierte Abbildung f mit f (z)  =  z − iz + i.

cana1-AbbIDcomplex3d_cayleyinverse_1

Die Abbildung g :  − { i }   mit g(z)  =  i 1 + z1 − z.