Ein Vergleich mit Kurvenintegralen erster Art
In der reellen Analysis hatten wir ein Kurvenintegral erster Art für reellwertige Funktionen betrachtet. Für komplexwertige Funktionen ergibt sich die folgende Version:
Definition (Kurvenintegral für komplexwertige Funktionen)
Sei f : P → ℂ stetig, und sei γ : [ a, b ] → P ein Weg. Dann heißt
∫γ f (z) |dz| = ∫ba f (γ(t)) |γ′(t)| dt
das Kurvenintegral (erster Art) von f über γ.
Die Verwendung des Betrags bei dz dient der notationellen Unterscheidung der Integralbegriffe. An Stelle der in einem Kurvenintegral üblichen euklidischen Norm ∥ γ′(t) ∥ verwenden wir hier den gleichwertigen komplexen Betrag |γ′(t)|. Die Produktbildung f (γ(t)) |γ′(t)| ergibt eine komplexwertige Funktion auf [ a, b ], die wie üblich durch eine Re-Im-Zerlegung integriert wird. Beim komplexen Wegintegral wird die komplexe Multiplikation im Integranden mit ihren Drehstreckungs-Eigenschaften verwendet, im Kurvenintegral erfolgt lediglich eine Skalierung einer komplexen Zahl um einen nichtnegativen reellen Faktor.
Die (euklidische) Länge eines Weges γ : [ a, b ] → ℂ berechnet sich nach der Längenformel (vgl. Analysis 2) zu:
L(γ) = ∫ba | γ′(t) | d(t) = ∫γ 1 |dz|.(Längenformel)
Wir erhalten eine Ungleichung, die wir sehr häufig und an wichtigen Stellen verwenden werden (Übung):
Satz (Standardabschätzung)
Sei f : P → ℂ stetig, und sei γ : [ a, b ] → P ein Weg. Dann gilt:
| ∫γ f (z) dz| ≤ | ∫γ |f (z)| |dz|| ≤ ∥ f ∥γ L(γ),
mit der Supremumsnorm
∥ f ∥γ = sup { |f (z)| | z ∈ spur(γ) }
und der Länge L(γ) des Weges γ.
Aufgrund der Stetigkeit von γ ist spur(f) eine kompakte Teilmenge von ℂ. Da auch f stetig ist f [ spur(g) ] kompakt in ℝ. Damit ist das Supremum immer ein Maximum.