Existenz holomorpher Logarithmen
Bei der Diskussion der Index-Funktion hatten wir Wege geliftet. Mit Hilfe des Integralssatzes erhalten wir ein Lifting für Funktionen:
Satz (Exponentialdarstellung einer Funktion)
Sei G ein Sterngebiet mit Zentrum z0, und sei f : G → ℂ holomorph und nullstellenfrei. Dann gilt:
(a) | Es gibt ein (modulo 2π i eindeutiges) holomorphes g : G → ℂ mit f (z) = exp(g(z)) für alle z ∈ G. |
(b) | f (z) = f (z0) exp(I(f ′/f, [ z0, z ])) für alle z ∈ G. |
Beweis
Da f nullstellenfrei ist, existiert ein modulo 2π i eindeutiges w0 ∈ ℂ mit exp(w0) = f (z0). Wir definieren g : G → ℂ durch
g(z) = I(f ′/f, [ z0, z ]) + w0 = ∫[ z0, z ]f ′(ζ)f (ζ) dζ + w0 für alle z ∈ G.
Wie früher folgt (durch Ableitung von h(z) = f (z) · exp(− g(z))), dass f = exp ∘ g. Die Aussage (b) folgt aus dem Additionstheorem.
Durch Bildung einer Kreiskette erhalten wir ohne Voraussetzung an G:
Satz (Exponentialdarstellung einer Funktion, II)
Sei f : G → ℂ holomorph und nullstellenfrei, und sei z0 ∈ G. Weiter seien z ∈ G und γ : [ a, b ] → ℂ ein beliebiger Weg in G von z0 nach z. Dann gilt:
f (z) = f (z0) exp(I(f ′/f, γ)) für alle z ∈ G.
Damit ist die holomorphe Funktion f ′/f wegunabhängig modulo 2πi in G: Die Integrale über f ′/f unterscheiden sich für zwei Wege in G, die sich die Endpunkte teilen, nur um ein ganzzahliges Vielfaches von 2πi. Speziell ist I(f ′/f)/(2π i) ∈ ℤ für jeden geschlossenen Weg in γ.
Beweis
Seien a = t0 < … < tn + 1 = b und U0, …, Un ⊆ G offen, sodass γk = γ↾[ tk, tk + 1 ] in Uk verläuft für k = 0, …, n. Nach dem vorangehenden Satz (und Wegunabhängigkeit in konvexen Mengen) gilt dann für zk = γ(tk):
f (zk + 1)f (zk) = exp(I(f ′/f, γk)) für k = 0, …, n.
Durch Produktbildung und Anwendung des Additionstheorems folgt die Behauptung. Der Zusatz folgt aus der Periodizität von exp.
Aus dem Satz ergibt sich noch einmal:
Korollar (Eigenschaften der Index-Funktion)
Sei γ ein geschlossener Weg in ℂ, und sei Gγ = ℂ − spur(γ). Dann gilt indγ(p) ∈ ℤ für alle p ∈ Gγ. Weiter ist γ auf den Komponenten von Gγ konstant.
Beweis
Sei p ∈ Gγ. Die erste Behauptung folgt aus dem Satz für f : G → ℂ mit f (z) = z − p, sodass f ′(z)/f (z) = 1/(z − p) der Integrand der Index-Funktion ist. Der Zusatz folgt nun wieder aus der Stetigkeit der Indexfunktion.