Das Maximums- und Minimumsprinzip

 Aus dem Offenheitssatz erhalten wir sofort:

Satz (starkes Maximumsprinzip)

Sei f : G   holomorph, und |f| nehme in p ein lokales Maximum an, d. h., es gibt ein U = Uε(p) ⊆ G mit

(+)  |f (z)|  ≤  |f (p)|  für alle z  ∈  U.

Dann ist f konstant.

Beweis

Sei r = |f (p)|. Aus (+) folgt, dass f [ U ] ⊆ cl(Ur(0)). Wegen f (p)  ∈  ∂(Ur(0)) ist also f [ U ] nicht offen. Damit ist f konstant nach dem Offenheitssatz.

 Anschaulicher formuliert: Hat f in p  ∈  U ein Betrags-Maximum, so wird p bei Anwendung von f an den Rand des Bildes f [ U ] transportiert. Dies ist bei Offenheit von Bildern nicht möglich.

 Der Kontrast zu  ist enorm. Die reellen Sinushügel werden durch die holomorphe Fortsetzung der Sinus-Funktion nach  enthügelt. Das Gleiche gilt für die Täler. Die reellwertige Höhenlandschaft |f| : P   einer holomorphen Funktion f : P   hat keine Berggipfel. Möglich sind nur Hochplateaus, und auch diese gibt es nur auf einer kompletten Komponente von P.

 Aus dem Satz erhalten wir (vgl. die Diskussion der harmonischen Funktionen im ersten Abschnitt; Übergang zu 1/|f| im zweiten Korollar für f (p) ≠ 0):

Korollar (schwaches Maximumsprinzip)

Sei G beschränkt, sodass C = cl(G) kompakt ist. Weiter sei f : C   stetig und holomorph auf G. Dann nimmt |f| ihr Maximum auf dem Rand von C an.

Korollar (Minimumsprinzip)

Sei f : G   holomorph, nicht konstant und |f| habe ein lokales Minimum bei p  ∈  G. Dann ist p eine Nullstelle von f.

Beispiele

(1)

Die Parabel sq :    mit sq(z) = z2 hat im Nullpunkt ein (globales) Betragsminimum.

(2)

Die Funktion f :    mit f (z) = z2 + 1 hat im Nullpunkt kein lokales Betragsminimum (im Kontrast zur reellen Version). Es gilt zum Beispiel

|f (ε i)|  =  |− ε2  +  1|  <  1  für alle ε  ∈  ] −2, 2 [ mit ε ≠ 0.