Normal konvergente Funktionenreihen
Eine weitere − sehr sympathische − von René Baire eingeführte Variante der Konvergenz von Funktionenfolgen ist speziell auf die Reihen zugeschnitten. Sie beruht auf dem Weierstraß-Konvergenztest und garantiert die lokal gleichmäßige Konvergenz plus freie Umordnung der Summanden. Zur Definition brauchen wir eine (fast selbsterklärende) Einschränkung der Supremumsnorm auf Teilmengen. Für f : P → ℝ und U ⊆ P setzen wir
∥ f ∥U = ∥ f↾U ∥ = supz ∈ U |f (z)| ≤ ∞.
Damit können wir definieren:
Definition (normale Konvergenz)
Seien fn : P → ℂ komplexe Funktionen für n ∈ ℕ. Dann konvergiert die Reihe ∑n fn normal, falls für jedes z ∈ P eine Umgebung U von z in P existiert mit
∑n ∥ fn ∥U < ∞.
Salopp formuliert besagt die normale Konvergenz, dass der Weierstraß-Konvergenztest lokal anwendbar ist. Im Fall eines offenen Definitionsbereichs können wir zudem annehmen, dass U eine ε-Umgebung von z ist.
Ist U wie in der Definition, so konvergiert die Reihe nach dem Konvergenztest absolut und gleichmäßig auf U. Damit ist eine normal konvergente Reihe lokal gleichmäßig konvergent. Durch die absolute Konvergenz sind beliebige Umordnungen möglich. Konvergiert ∑n fn normal, so konvergiert jede durch eine Bijektion π : ℕ → ℕ beschriebene Umordnung ∑n fπ(n) normal gegen dieselbe Grenzfunktion. Allgemeiner können wir Doppelsummen über ℕ2-Gitter bilden (vgl. Analysis 1). Kurz: Für normal konvergente Reihen gilt ein allgemeines unendliches Assoziativ- und Kommutativgesetz. Solange jeder Summand genau einmal berücksichtigt wird kommt immer die gleiche Grenzfunktion heraus.
Normale Konvergenz von Potenzreihen
Wichtige Beispiele für normal konvergente Reihen sind die Potenzreihen. In der reellen Analysis hatten wir mit Hilfe der geometrischen Reihe gezeigt: Ist R der Konvergenzradius einer Potenzreihe ∑n an (x − p)n, so ist der Weierstraß-Test auf allen Intervallen [ p − r, p + r ] mit 0 < r < R anwendbar. Damit haben wir die normale Konvergenz einer Potenzreihe gezeigt (ohne den Begriff zu kennen). Der Beweis bleibt für komplexe Potenzreihen gültig. Eine komplexe Potenzreihe ∑n an (z − p)n konvergiert also in ihrem offenen Konvergenzkreis UR(p) normal (und damit lokal gleichmäßig und kompakt).