Die inverse Farbkreismethode
Beim Betrachten des Diagramms für die Rotation f (z) = i z fällt auf:
Optischer Invertierungseffekt
Jedes z im Definitionsbereich von f erhält die Farbe des Punktes f (z) der Grundfärbung. Ist beispielsweise „i-Grün“ die Farbe der imaginären Einheit i, so sind genau die Punkte im Urbild f −1[ { i } ] i-grün gefärbt. Ist konkret f : ℂ → ℂ die Drehung um π/2 gegen den Uhrzeigersinn, d. h. f (z) = i z, so wird der Punkt 1 i-grün eingefärbt (da f (1) = i). Analog wird i (−1)-türkis gefärbt (da f (i) = −1) usw. Der Farbplot entsteht also durch eine Drehung des Farbkreises π/2 im Uhrzeigersinn.
Für eine injektive reelle Funktion erhalten wir den Graphen der Umkehrfunktion durch Spiegelung an der Winkelhalbierenden oder (ungewohnt, aber noch einfacher) durch Lesen des Graphen von f mit der y-Achse als Definitionsachse. Für die komplexen Farbplots ist eine ähnliche Lesart möglich:
Inverse Farbkreismethode, Farbverschiebung
Sei g : P → ℂ injektiv. Gilt g(z) = w, so färben wir w mit der Grundfarbe von z ein. Anders formuliert: Wir verschieben die z-Farbe nach w (Farbverschiebung, Farbtransport). Dies tun wir für alle z ∈ P.
Die Injektivität stellt sicher, dass wir einen Punkt w nicht mit verschiedenen Farben verschmieren. Für nicht injektive Funktion brauchen wir verschiedene „dünne Blätter“, um die Farben in Schichten eintragen zu können.
Bei der ersten Methode wird der Punkt z mit f (z) eingefärbt. So wie wir in den reellen Zahlen einen Wert f (x) bei x (darüber oder darunter) eintragen, so tragen wir f (z) auf z auf (als Farbe). Bei der zweiten Methode schicken wir z (als Farbe) zum Punkt g(z). Anders formuliert: Methode 1 ist ein Maler, der gemäß f malt im Sinne von „Malen nach Funktionswerten“. Methode 2 ist ein Transporter, der die Farben der Grundfärbung gemäß g verschiebt.
Bei der zweiten Methode kann keine Farbe doppelt auftreten. Genauer treten genau die Farben des Definitionsbereichs P von g im Plot auf, und sie füllen den Wertebereich von g. Bei der ersten Methode tauchen genau die Farben im Wertebereich von f auf, und sie füllen den Definitionsbereich von f.
Plotten wir f mit f (z) = i z nach der zweiten Methode, so wird der Farbkreis um π/2 gegen den Uhrzeigersinn gedreht, wie bei einer Drehung eines Farbrades. Allgemein ist bei der zweiten Methode das Polargitter das durch f dynamisch verzerrte Gitter. Die inverse Methode zeigt zum Beispiel das Bild g[ K ] des Einheitskreises K unter g. Dies ist inbesondere für invertierbare Matrizen so natürlich, dass sich hier die Farbverschiebung als primäre Methode anbietet. Wir zeigen dies anhand eines Beispiels und verweisen den interessierten Leser auf „Das Buch der Ellipsen“ für weitere Bilder.
Die Matrix A = ((2, 1); (1, 3)) dargestellt als Funktion A : ℝ2 → ℝ2 nach Methode 1.
Die Matrix A−1 = 1/5 ((3, −1); (−1, 2)). Die innere Ellipse ist das Bild A[ K ] des Einheitskreises K unter A. Es bietet sich in der linearen Algebra an, dieses Diagramm zur Visualisierung von A zu verwenden, d. h. die zweite Methode als Standard für invertiere Matrizen zu wählen. Obiges Diagramm ist dann das Diagramm für A−1. Die Beispiele zeigen, dass rechte Winkel nicht immer erhalten bleiben.