4.4Dezimaldarstellungen als Reihen

Satz (Dezimaldarstellungen als Reihen)

Für x  =  m, d1 d2 … dn … ≥ 0 in Dezimaldarstellung gilt x = m +  n ≥ 1 dn/10n.

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Die ersten 100 Dezimalziffern von π = 3,1415… (links) und von 1/51 = 0,1960784313725490 (rechts)

 Wir hatten bereits in Sektion 4. 4 Dezimaldarstellungen über Suprema eingeführt. Für alle m  ∈   und Folgen (dn)n ≥ 1 mit dn  ∈  { 0, …, 9 } für alle n ≥ 1 hatten wir definiert:

m, d1 d2 …dn …  =  supn ≥ 1 m, d1 d2 … dn  =  sup({ m, d1 d2 … dn | n ≥ 1 }),

wobei die endlichen Dezimalbrüche m, d1 … dn definiert sind durch:

m, d1 … dn  =  m  +  k ≤ n dk/10k  =  m  +  d1/10  +  d2/102  +  …  +  dn/10n.

Es ist nun sehr natürlich, auch die unendlichen Dezimaldarstellungen als unendliche Summen zu betrachten. Die Aussage des Satzes ist dabei nicht schwer zu beweisen. Die Reihe n ≥ 1 dn/10n besitzt die Partialsummenfolge (sn)n ≥ 1  =  (0, d1 … dn)n ≥ 1. Diese Folge ist monoton steigend und beschränkt. Daher gilt

n ≥ 1 dn/10n  =  limn sn  =  supn sn  =  0, d1 d2 … dn …,

wobei das erste Gleichheitszeichen nach Definition der unendlichen Summe gilt, das zweite aufgrund der Monotonie der Folge (sn)n  ∈   und das dritte nach Definition der unendlichen Dezimaldarstellung. Folglich ist

m  +  n ≥ 1 dn/10n  =  m  +  0, d1 d2 … dn …  =  m, d1 d2 … dn …

 Oft wird der Ausdruck „m + n ≥ 1 dn/10n“ zur Definition von „m, d1 d2 … dn …“ verwendet. Die Definition als Supremum benötigt den Begriff der unendliche Reihe nicht und ist in diesem Sinne einfacher. Aber erst die unendlichen Reihen liefern das richtige Werkzeug zur Untersuchung der Dezimaldarstellung. Wir erinnern hierzu an einige Begriffe. Eine Dezimaldarstellung heißt periodisch, falls sie von der Form

m, a1 …akb1 … bp  =  m, a1 …ak b1 … bp b1 …bp b1 … bp …

ist, mit k ≥ 0, p ≥ 1. Der Ziffernblock b1 … bp heißt eine Periode der Länge p der Darstellung.

Beispiel

12, 21, 1212, 2121, … sind Perioden der Darstellung 0,121212…

 Man kann Perioden minimaler Länge bevorzugen (im Beispiel also 12 und 21 vor 1212 und 2121) und diejenige Periode auszeichnen, die zuerst einsetzt (im Beispiel also 12 und nicht 21). In diesem Sinne gibt es eine kanonische Periode. Man kann sie verkürzt die Periode nennen, wenn man sich der verschiedenen Zyklen bewusst ist.

 Ist die Darstellung von der Form m, b1 … bp (also k = 0), so heißt sie reinperiodisch. Andernfalls heißt sie gemischtperiodisch. So ist zum Beispiel

1/7  =  0,142857 reinperiodisch  und  1/12  =  0,083 gemischtperiodisch.

 Wegen m, d1 … dn = m, d1 … dn0 ist jede endliche Darstellung gleich einer periodischen unendlichen Darstellung. Allgemeiner besitzen genau die rationalen Zahlen periodische Dezimaldarstellungen. Die geometrische Reihe zeigt, dass „periodisch“ die Rationalität impliziert (für die andere Implikation verwendet man Division mit Rest):

Einsatz der geometrischen Reihe

Wegen

m, a1 …akb1 … bp  =  m ,a1 … ak  +  1/10k · 0, b1 … bp

können wir uns auf die reinperiodischen Darstellungen beschränken. Hier gilt

0, b1 … bp  =  b1/10  +  …  +  bp/10p  +  b1/10p + 1  +  …  +  bp/102 p  +  …  =  (b1/10  +  …  +  bp/10p)  +  (b1/10p  +  …  +  bp/10p)/ 10p  +  …

Mit q = b1/10 + … + bp/10p  ∈   ist also

0, b1 … bp  =  q  +  q /10p  +  q /102 p  +  …  =  q n (1/10p)n  =  q/(1 − 1/10p)  =  q 10p10p − 1  ∈  .

 Die gefundene Formel lässt sich als Umrechnungsformel für periodische Dezimaldarstellungen lesen:

0, b1 … bp  =  b1 …bp/9 … 9  (in Dezimalnotation),

mit p Neunen im Nenner. Dieses Ergebnis wird manchmal auch als die Regel von Robertson bezeichnet. Man schreibt die gewünschte Periode in den Zähler und in den Nenner die Neuner-Zahl der entsprechenden Länge.

Beispiele

0,2  =  0,222…  =  2/9,  0,15  =  0,151515…  =  15/99  =  5/33,

0,03210  =  0,032100321003210…  =  3210/99999.