2.1Halbgruppen

Definition (Halbgruppe, Assoziativgesetz)

Seien H eine Menge und ∘ : H2  H eine (zweistellige) Operation auf H. Dann heißt das Paar (H, ∘) eine Halbgruppe, falls gilt:

(a ∘ b) ∘ c  =  a ∘ (b ∘ c)  für alle a, b, c  ∈  H. (Assoziativgesetz)

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Zweistufige „Verarbeitung“ von drei Objekten a, b, c.

Bei einer assoziativen Operation ist (a ∘ b) ∘ c = a ∘ (b  ∘ c).

 Eine Halbgruppe ist also eine mit einer assoziativen Operation ausgestattete Menge. Wir schreiben a ∘ b statt ∘(a, b). Im Begriff „Operation auf H“ ist enthalten, dass der Wertebereich von ∘ eine Teilmenge von H ist (vgl. 1. 8). Es gilt also

a ∘ b  ∈  H  für alle a, b  ∈  H.

Andere Schreibweisen

Das Zeichen ∘ steht für eine beliebige Operation und hat oft nichts mit der Komposition von Funktionen zu tun. Ist H eine Menge von Funktionen, so ist jedoch ∘ die Komposition von Funktionen, wenn nichts anderes gesagt wird. Statt ∘ können wir ein beliebiges anderes Zeichen verwenden. Typische Operationszeichen sind ∗, ·, +. Das Gleiche gilt für die zugrunde gelegte Menge. Man kann schreiben:

„Sei (M, +) eine Halbgruppe.“

Dies bedeutet, dass + : M2  M und dass a + (b + c) = (a + b) + c für alle a, b, c  ∈  M. Auch hier hat die Operation + in vielen Fällen nichts mit der Addition auf einer Zahlenmenge wie  oder  zu tun. Für das Zeichen + sind bestimmte Notationen reserviert, die wir im Folgenden kennenlernen werden.

Vereinfachung der Notation

Anstelle von (H, ∘) schreibt und sagt man oft auch nur H. Eine Operation ist dann stillschweigend mit dabei. So sagt man zum Beispiel: „Ist H eine Halbgruppe, so gilt a ∘ (b ∘ b) = (a ∘ b) ∘ b für alle a und b in H.“ Diese bewusste Verwechslung einer Struktur (H, ∘) mit ihrer Trägermenge H wird in vielen Fällen durchgeführt. Sie ist in der Regel ungefährlich und erleichtert die Sprechweise.

Weglassen des Operationszeichens

Ist das Operationszeichen von + verschieden, so lässt man es oft weg. So schreibt man zum Beispiel ab statt a · b und a(bc) statt a ∗ (b ∗ c) usw.

Beispiele

(1)

, , ,  bilden mit der üblichen Addition Halbgruppen. Das Gleiche gilt für die Multiplikation.

(2)

Ist G = { 2n | n  ∈   } die Menge der geraden und U =  − G die Menge der ungeraden Zahlen, so sind (G, +), (G, ·) und (U, ·) mit der üblichen Addition und Multiplikation Halbgruppen. Dagegen ist (U, +) keine Halbgruppe, da + wegen 1 + 1  ∉  U keine Operation auf U ist.

(3)

Ist A eine Menge und H = { f | f : A  A }, so ist (H, ∘) eine Halbgruppe. Gleiches gilt für H′ = { f | f : A  A ist injektiv }.

(4)

Setzen wir a ∘ b = |b − a| für alle a, b  ∈  , so ist (, ∘) keine Halbgruppe, da zum Beispiel (1 ∘ 2) ∘ 3 = 1 ∘ 3 = 2, aber 1 ∘ (2 ∘ 3) = 1 ∘ 1 = 0.

(5)

Sind H1 und H2 Halbgruppen und ist H = H1 × H2, so setzen wir

(a, b) ∘ (c, d)  =  (ac, bd)  für alle (a, b), (c, d)  ∈  H.

Dann ist (H, ∘) eine Halbgruppe. Sie heißt das Produkt von H1 und H2.

 Das Assoziativgesetz ist ein unverzichtbarer Begleiter bei den allermeisten algebraischen Unternehmungen. Seine Wirkung können wir so zusammenfassen:

Wir dürfen Klammern weglassen.

Da nämlich a ∘ (b ∘ c) = (a ∘ b) ∘ c für alle Elemente einer Halbgruppe gilt, können wir kurz a ∘ b ∘ c schreiben. Allgemein gilt (s ∘ t) ∘ u = s ∘ (t ∘ u) für alle Terme s, t, u, sodass wir einfach s ∘ t ∘ u oder stu schreiben können. Ein Term ist dabei ein aus Variablen, dem Operationszeichen und Klammern aufgebauter Ausdruck wie (a ∘ a) ∘ (b ∘ (c ∘ a)).

Beispiel

In Halbgruppen ist a ∘ b ∘ c ∘ d unzweideutig, da

((a ∘ b) ∘ c) ∘ d  =  (a ∘ b) ∘ (c ∘ d)  =  a ∘ (b ∘ (c ∘ d))  =  a ∘ ((b ∘ c) ∘ d)  =  …

 Wir führen ein:

Potenzen und Produkte

Ist H eine Halbgruppe, so definieren wir für alle a, a1, …, an  ∈  H und n ≥ 1 rekursiv:

a1  =  a,  an + 1  =  an ∘ a, (Potenzen)

1 ≤ k ≤ 1 ak  =  a1,  1 ≤ k ≤ n + 1 ak  =  (1 ≤ k ≤ n ak) ∘ an + 1. (Produkt)

 Induktiv zeigt man die folgenden Potenzregeln:

(an)m  =  am n,  an am  =  an + m  für alle a  ∈  H und n, m ≥ 1.

Beispiele

a2 ∘ b2  =  a ∘ a ∘ b ∘ b,  (a ∘ b)2  =  a ∘ b ∘ a ∘ b.