3.4 Linearkombinationen und Erzeugendensysteme
Definition (Linearkombination, Spann, Erzeugendensystem)
Sei V ein K-Vektorraum.
(a) | Ein w ∈ V heißt eine Linearkombination von v1, …, vn ∈ V, falls α1, …, αn ∈ K existieren mit w = α1 v1 + … + αn vn. |
(b) | Für A ⊆ V definieren wir den Spann von A durch span(A) = 〈 A 〉 = { w ∈ V | w ist eine Linearkombination von Vektoren in A }. Für eine Familie (vi)i ∈ I in V sei span((vi)i ∈ I) = span({ vi | i ∈ I }). |
(c) | Ein A ⊆ V heißt erzeugend oder ein Erzeugendensystem von V, falls span(A) = V. Eine Familie (vi)i ∈ I in V heißt erzeugend, falls { vi | i ∈ I } erzeugend ist. |
Eine Linear-
kombination
w von v1 und v2
Linearkombinationen verallgemeinern die Summen v1 + … + vn, die in allen Gruppen erklärt sind. In einem Vektorraum können die Summanden „skaliert“ oder „gewichtet“ werden.
Beispiele
(1) | Im ℝ3 ist (2, 3, 3) = 2(1, 1, 1) + 1(0, 1, 1) eine Linearkombination der Vektoren (1, 1, 1), (0, 1, 1). |
(2) | Da die leere Summe gleich 0 ist, gilt span(∅) = { 0 }. Weiter ist span(0) = { 0 }, span(v) = { α v | α ∈ K }, span(v, w) = { α v + β w | α, β ∈ K }. |
(3) | Ist v ∈ ℝ3, v ≠ 0, so ist span(v) eine Gerade durch den Nullpunkt. Ist dann w ∈ ℝ3 ein Vektor mit w ∉ span(v), so ist span(v, w) eine Ebene durch den Nullpunkt. |
(4) | Es gilt span(v1, …, vn) = span(−v1, …, −vn), da für alle α1, …, αn in K gilt, dass α1 v1 + … + αn vn = (−α1) (−v1) + … + (−αn) (−vn). |
(5) | Es gilt span(v1, v2, v1 + v2) = span(v1, v2), da für alle α1, α2, α3 gilt, dass α1v1 + α2v2 + α3(v1 + v2) = (α1 + α3)v1 + (α2 + α3)v2. |
Eine nützliche Notation für Familien ist:
Die Summen ∑i ∈ I αi vi
Für alle Familien (vi)i ∈ I in V und alle (αi)i ∈ I ∈ K(I) sei ∑i ∈ I αi vi = ∑i ∈ I, αi ≠ 0 αi vi.
In ∑i ∈ Iαivi ist die Menge aller i mit αi ≠ 0 stets endlich, sodass sich die Summe auf eine endliche Summe reduziert. Es gilt span((vi)i ∈ I) = { ∑i ∈ I αi vi | (αi)i ∈ I ∈ K(I) }.
Eigenschaften des Spans
Für alle A ⊆ V ist span(A) der kleinste Unterraum U von V mit U ⊇ A.
Ist A ⊆ B, so gilt span(A) ⊆ span(B).
Ist B ⊆ span(A) und A ⊆ span(B), so ist span(A) = span(B).
Es gilt span(V) = V, sodass jeder Vektorraum ein Erzeugendensystem besitzt. Für weitere Beispiele definieren wir:
Definition (die Standardvektoren ei)
(a) | Sei V = Kn für ein n ≥ 1. Dann definieren wir e1 = (1, 0, …, 0), e2 = (0, 1, 0, …, 0), …, en = (0, …, 0, 1). |
(b) | Sei V = K[ X ] = K(ℕ). Dann definieren wir en ∈ V für alle n ∈ ℕ durch en = Xn = (0, …, 0, 1, 0, 0, 0, …) mit n Nullen vor der 1. |
(c) | Sei V = K(I). Dann definieren wir ei ∈ V für alle i ∈ I durch ei(i) = 1 und ei(j) = 0 für alle i ≠ j. |
Beispiele
(1) | Sei V = Kn mit n ≥ 1. Dann ist { e1, …, en } erzeugend. Gleiches gilt für v1 = (1, 0, …, 0), v2 = (1, 1, 0, …, 0), v3 = (1, 1, 1, 0, …, 0), …, vn = (1, …, 1). |
(2) | Sei V = K[ X ] = K(ℕ). Dann ist { en | n ∈ ℕ } erzeugend. Weiter gilt span(e0, …, en) = { w ∈ K[ X ] | grad(w) ≤ n }. |
(3) | In V = K(I) ist { ei | i ∈ I } erzeugend. Ist I unendlich, so ist K(I) ≠ KI und { ei | i ∈ I } nicht erzeugend in KI. Zum Beispiel liegt v = (1)i ∈ I nicht im Spann der ei, falls I unendlich ist (da Linearkombinationen stets endliche Summen sind). |
Die Begriffsbildungen sind auch außerhalb der Linearen Algebra von Bedeutung:
Exkurs: Trigonometrische Polynome
Sei V = { f : ℝ → ℝ | f (x) = f(x + 2π) für alle x ∈ ℝ } der ℝ-Vektorraum der 2π-periodischen Funktionen. V ist ein Unterraum des ℝℝ. Wir betrachten
vk = „die Funktion g auf ℝ mit g(x) = cos(k x) für alle x“ für k ∈ ℕ,
wk = „die Funktion g auf ℝ mit g(x) = sin(k x) für alle x“ für k ∈ ℕ − { 0 }.
Für jedes n heißen die Linearkombinationen von v0, v1, w1, …, vn, wn die trigonometrischen Polynome vom Grad kleinergleich n. Sie lassen sich schreiben als
f (x) = a0 + ∑1 ≤ k ≤ n (ak cos(k x) + bk sin(k x)), x ∈ ℝ, mit ak, bk ∈ ℝ,
und werden in der Analysis zur Approximation von Funktionen in V verwendet.