4.7Darstellung linearer Abbildungen

Satz (Darstellungssatz)

Seien K ein Körper und n, m ≥ 1. Weiter sei f : Kn  Km linear. Dann gibt es eindeutig bestimmte αi, j  ∈  K, 1 ≤ i ≤ m, 1 ≤ j ≤ n, sodass

f(x1, …, xn)  =  (y1, …, ym)  mit

y1  =  α1, 1 x1  +  α1, 2 x2  +  …  +  α1, n xn,

y2  =  α2, 1 x1  +  α2, 2 x2  +  …  +  α2, n xn,

ym  =  αm, 1 x1  +  αm, 2 x2  +  …  +  αm, n xn.

Ist ej der j-te kanonische Einheitsvektor des Kn, so gilt

(+)  f (ej)  =  (α1, j, …, αm, j)  =  „j-te Spalte des rechteckigen αi, j-Schemas“.

Zum Beweis verwenden wir (+) zur Definition der αi, j. Dann gilt für alle (x1, …, xn)  ∈  Kn:

f(x1, …, xn)  =  f (x1e1  +  …  +  xnen)  =  x1f (e1)  +  …  +  xnf (en)  =

x11, 1, …, αm, 1)  +  …  +  xn1, n, …, αm, n)  =

(x1α1, 1 + … + xn α1, n,  …,  x1αm, 1 + … + xnαm, n).

Damit gelten die y-Gleichungen des Satzes (wobei wir dort der Konvention folgen, die αi, j vor den xj zu notieren). Einsetzen der Basisvektoren ej für (x1, …, xn) in die Gleichungen zeigt, dass die αi, j eindeutig bestimmt sind.

ela1-AbbID176

Die Drehung um π/4 gegen den Uhrzeigersinn ist bestimmt durch die Bilder der Basisvektoren e1 und e2. Mit Hilfe der Koordinaten dieser beiden Werte können alle Werte leicht berechnet werden.

Beispiel

Sei f : 2  2 die Drehung um π/4 gegen den Uhrzeigersinn. Mit β = 1/2 gilt

f(1, 0)  =  β (1, 1),

f(0, 1)  =  β (−1, 1).

Folglich ist

f(x, y)  =  (x, y)

mit

x  =  β x  −  β y,

y  =  β x  +  β y.

 Der Darstellungssatz gilt allgemeiner in der folgenden Form:

Allgemeiner Darstellungssatz

Sei f : V  W eine lineare Abbildung, und seien (vj)j ∈ J und (wi)i ∈ I Basen von V bzw. W. Dann gibt es eindeutige Skalare αi, j, (i, j)  ∈  I ×J, sodass

f (j  ∈  J λj vj)  =  i  ∈  I μi wi,  mit

  μi  =  j  ∈  J αi, j λj  für alle i  ∈  I.

Die αi, j sind definiert durch

(+)  f (vj)  =  i  ∈  I αi, j wj

für alle j  ∈  J, d. h., die Spalten des αi, j-Schemas sind die Koordinatenvektoren bzgl. (wi)i ∈ I der Bilder der Basisvektoren (vj)j ∈ J.

f

v1

v2

vj

w1

α1, 1

α1, 2

α1, j

w2

α2, 1

α2, 2

α2, j

wi

αi, 1

αi, 2

αi, j

αi, j ist der wi-Anteil von f (vj) bzgl. (wi)i  ∈  I.

 Merkregel: Bei der αi, j-Darstellung von f : V  W verweist der Index j immer auf V und der Index i immer auf W: vj  ∈  V, wi  ∈  W.

 Obiger Darstellungssatz entspricht dem Spezialfall

V  =  Kn,  (vj)j ∈ J  =  (e1, …, ej, …, en)  =  „die kanonische Basis des Kn“,

W  =  Km,  (wi)i ∈ I  =  (e1, …, ei, …, em)  =  „die kanonische Basis des Km“.

Im allgemeinen Satz können V und W unendlich-dimensional sein. Da auch die Basen beliebig sind, liefert dieser Satz aber auch im Endlich-Dimensionalen etwas Neues:

Beispiel

Sei wieder f : 2  2 die Drehung um π/4 gegen den Uhrzeigersinn. Seien

v1  =  (1, 0),  v2  =  β (1, 1),  w1  =  β (1, 1),  w2  =  β (−1, 1),

wobei β = 1/2. Für die Basen (v1, v2) von V = 2 und (w1, w2) von W = 2 gilt

f (v1)  =  w1  =  1 w1  +  0 w2,

f (v2)  =  (0, 1)  =  1 (0, 2β)  =  1 w1  +  1 w2.

Damit lauten die αi, j gemäß „Koordinatenvektoren der Bilder liefern die Spalten“:

α1, 1  =  1,  α1, 2  =  1,

α2, 1  =  0,  α2, 2  =  1.