5.2Matrizen und lineare Abbildungen

Definition (Matrix-Vektor-Produkt, zugeordnete Abbildung, darstellende Matrix)

Seien K ein Körper und m, n ≥ 1.

Matrix-Vektor-Produkt

Für A  ∈  Km × n und x = (x1, …, xn)  ∈  Kn definieren wir das Matrix-Vektor-Produkt Ax  ∈  Km von A mit x durch

(+)  Ax  =  a11a1nam1amnx1xn  =  a11x1++a1nxnam1x1++amnxn.

ela1-AbbID200

Das Produkt Ax für A = (a1 a2)  ∈  2 × 2 mit

den Spalten a1 = (a11, a21) und a2 = (a21, a22)

Zugeordnete lineare Abbildung

Ist A  ∈  Km × n, so heißt fA : Kn  Km,

fA(x)  =  Ax  für alle x  ∈  Kn,

die A zugeordnete lineare Abbildung.

Weiter setzen wir Kern(A) = Kern(fA), Bild(A) = Bild(fA).

Darstellende Matrix

Ist f : Kn  Km linear, so heißt

Af  = f(e1)f(en)  ∈  Km × n

die f darstellende Matrix.

 In (+) fassen wir wie vereinbart x  ∈  Kn als n × 1-Matrix und die m × 1-Matrix rechts als Element des Km auf. Es entsteht eine Abbildung fA von Kn nach Km. Die Berechnung von fA(x) = Ax lässt sich durch „Zeile mal Spalte“ (m-mal durchgeführt) beschreiben. Die wichtige andere Lesart

(++)  Ax  =  x1a11am1  +  x2a12am2  +  …  +  xna1namn  =  x1a1  +  …  +  xn an.

zeigt, dass Ax eine Linearkombination der Spalten a1, …, an von A ist. Aus beiden Darstellungen lässt sich ablesen, dass

A(x + y)  =  Ax  +  Ay,  A(λx)  =  λ Ax  für alle x, y  ∈  Kn und λ  ∈  K.

Damit ist fA : Kn  Km eine lineare Abbildung. Dass wir umgekehrt einer linearen Abbildung f : Kn  Km eine Matrix Af  ∈  Km × n zuordnen können, haben wir im Darstellungssatz in 4. 7 schon gesehen:

Die Spalten von Af sind die Bilder der kanonischen Basisvektoren e1, …, en unter f.

 Die fA darstellende Matrix ist A selbst. Denn nach Definition des Matrix-Vektor-Produkts Ax sind Ae1, …, Aen die Spalten von A, sodass

AfA  =  fA(e1)fA(en)  =  Ae1Aen  =  A.

Genauer gilt:

Isomorphie von Matrizen und linearen Abbildungen

Die Abbildung Ψ : Hom(Kn, Km)  Km × n mit

Ψ(f)  =  Af  für alle A  ∈  Km × n

ist ein Isomorphismus mit Ψ−1(A) = fA für alle A  ∈  Km × n.

Damit haben wir unser Tabellen-Verständnis von Matrizen substantiell erweitert:

Matrizen sind (im Sinne eines Isomorphismus) lineare Abbildungen.

Beispiele

(1)

Sei n ≥ 1. Dann gilt Enx = x für alle x  ∈  Kn, sodass fEn = idKn. Für eine Diagonalmatrix A = diag(a1, …, an) gilt

Ax  =  (a1x1, …, anxn)  für alle x = (x1, …, xn)  ∈  Kn.

(2)

Die Matrix-Vektor-Produkte mit den Matrizen

A  =  10,  B  =  11,  C  =  0110

über  beschreiben: die Projektion fA : 2  , fA(x, y) = x, auf die erste Komponente; die Einbettung fB :   2, fB(x) = (x, x); die Vertauschung fC : 2  2, fC(x, y) = (y, x), der Komponenten.

(3)

Das Matrix-Vektor-Produkt mit der reellen Matrix

A  =  cosφsinφsinφcosφ

beschreibt die Drehung im 2 um den Winkel φ gegen den Uhrzeigersinn.

(4)

Für die Matrizen Eij der Standardbasis des Km × n gilt

Eij x  =  (0,  …,  0,  xj,  0,  …,  0)  =  xj ei   ∈  Km  für alle x  ∈  Kn,

wobei xj an der i-ten Stelle steht. Das Matrix-Vektor-Produkt mit Eij pickt also die Komponente xj aus x  ∈  Kn heraus und platziert sie an der i-ten Stelle.

(5)

Mit den Bezeichnungen aus 4. 11 gilt

Ψ(Eij)  =  Ei, j   ∈  Hom(Kn, Km)  für alle i,j,

wobei Ei, j bezüglich der Standardbasen des Kn und Km definiert ist.