7.8 Die speziellen linearen Gruppen
Definition (die Gruppen SL(n, K))
Für einen Körper K und n ≥ 1 sei SL(n, K) = { A ∈ GL(n, K) | det A = 1 }. (spezielle lineare Gruppe)
Die Menge SL(n, K) ist als Kern von
det : GL(n, K) → K*
ein Normalteiler von GL(n, K). Wegen
det(diag(a, 1, …, 1)) = a für alle a ∈ K
ist det : GL(n, K) → K* ein Epimorphismus. Nach dem Homomorphiesatz sind GL(n, K)/SL(n, K) und K* isomorph. Die Matrizen diag(a, 1, …, 1), a ∈ K*, bilden ein vollständiges Repräsentantensystem.
Im Fall n = 1 gilt SL(1, K) = { 1 }. Für alle n ≥ 2 gilt die folgende Charakterisierung:
Die elementare lineare Gruppe
Ist K ein Körper und n ≥ 2, so ist die elementare lineare Gruppe definiert durch
E(n, K) = { A ∈ GL(n, K) | A ist ein Produkt von Additionstypen Wij(λ), i ≠ j, λ ∈ K }.
Wegen Wij(λ)−1 = Wij(− λ) für i ≠ j ist E(n, K) in der Tat eine Gruppe. Es gilt:
E(n, K) = SL(n, K).
Die Inklusion „⊆“ folgt aus dem Multiplikationssatz und det(Wij(λ)) = 1 für i ≠ j.
Für „⊇“ verwenden wir, dass sich jedes A ∈ GL(n, K) durch Multiplikation mit Additionstypen in eine Diagonalmatrix überführen lässt. Die Determinante bleibt dabei unverändert. Damit bleibt zu zeigen, dass jede Diagonalmatrix der Form
diag(d1, …, dn), d1 … dn = 1
ein Element von E(n, K) ist. Dies verifiziert man für n = 2 direkt. Die allgemeine Behauptung kann man nun induktiv mit Hilfe folgender Faktorisierung zeigen:
diag(d1, …, dn) = diag(d1, d2…dn, 1, …, 1) diag(1, (d3…dn)−1, d3, …, dn).
Wir betrachten nun noch den Spezialfall K = ℝ und die Determinanten orthogonaler Matrizen. Wir setzen für alle n ≥ 1:
O(n) = { Q ∈ ℝn × n | Q ist orthogonal }, (orthogonale Gruppe)
SO(n) = O(n) ∩ SL(n, ℝ). (spezielle orthogonale Gruppe)
Da die Orthogonalität durch Q−1 = Qt charakterisiert ist, haben alle orthogonalen Matrizen die Determinante ±1. Für alle Matrizen W mit det(W) = −1 gilt
O(n) = SO(n) ∪ { Q W | Q ∈ SO(n) }.
Die Gruppen O(n) und SO(n) lassen sich für n ≤ 3 anschaulich beschreiben:
n | Q ∈ O(n) | fQ : ℝn → ℝn ist … |
1 | det Q = 1 | die Identität |
1 | det Q = −1 | die Spiegelung am Nullpunkt |
2 | det Q = 1 | die Drehung um einen Winkel α |
2 | det Q = −1 | die Spiegelung an einer Geraden durch 0 |
3 | det Q = 1 | die Rotation um eine Achse durch 0 |
3 | det Q = −1 | eine Rotationsspiegelung, d. h., die Rotation um eine Achse durch 0 plus eine (vor oder nach der Rotation durchgeführte) Spiegelung an der zur Rotationsachse senkrechten Ebene |
Die Tabelle zeigt die Form aller Elemente von O(1) und O(2) sowie wichtige Elemente von O(3). Die Matrix für n = 2 und det Q = −1 ist eine Drehung um −α gefolgt von einer Spiegelung an der x-Achse, also eine Spiegelung an der Geraden durch 0 mit dem Winkel α/2. Die Matrix für n = 3 und det Q = −1 ist eine Rotation um die z-Achse plus eine Spiegelung an der x-y-Ebene.
Viele andere Klassifikationen sind möglich. Für alle n ≥ 1 und alle Q ∈ O(n) gilt zum Beispiel, dass fQ : ℝn → ℝn eine Komposition von höchstens n Spiegelungen an Unterräumen des ℝn der Dimension n − 1 ist (Hyperebenen im ℝn).
Für den Körper K = ℂ definieren wir analog:
U(n) = { U ∈ ℂn × n | U ist unitär }, (unitäre Gruppe)
SU(n) = U(n) ∩ SL(n, ℂ). (spezielle unitäre Gruppe)
Unitäre Matrizen sind durch U−1 = U* charakterisiert. Wegen det(U*) = det(U) gilt also |det(U)| = 1 für alle U ∈ U(n). Die Determinante einer unitären Matrix hat damit die Form eiφ. Durch Multiplikation mit einer Matrix W mit det(W) = e−iφ erhält man eine Matrix UW in SU(n). Ist Wφ = W11(eiφ), so gilt
U(n) = { UWφ | U ∈ SU(n), φ ∈ [ 0, 2π [ }.