Zentrische Kreise

Definition (Einheitskreis)

Wir definieren den Einheitskreis K der Euklidischen Ebene 2 durch

K  =  { v  ∈  2 | ∥v∥ = 1 }

Gemäß dieser Definition ist der Einheitskreis die Menge alle Punkte der Ebene, die vom Nullpunkt den Euklidischen Abstand 1 besitzen. Es gilt

K  =  { v  ∈  2 | ∥ v ∥2 = 1 }  =  { (x, y)  ∈  2 | x2 + y2  =  1 },

sodass der Kreis K durch die algebraische Gleichung

x2  +  y2  −  1  =  0

in den Variablen x, y definiert wird. Lesen wir die linke Seite der Gleichung als Polynom in zwei Variablen x, y, so ist der Einheitskreis die Menge der Nullstellen dieses Polynoms.

 Allgemeine zentrische Kreise führen wir dem „Matrix-Leitmotiv“ dieses Textes folgend als durch eine Diagonalmatrix beschriebene Skalierung des Einheitskreises ein:

Definition (Kreise mit Mittelpunkt 0)

Sei r > 0. Dann ist der (zentrische) Kreis Kr mit Radius r und Mittelpunkt 0 definiert durch

Kr  =  diag(r, r)[ K ]  =  { diag(r, r) (x, y) | (x, y)  ∈  K }

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Die zentrischen Kreise mit den Radien 1/2, 1, 2.

Sie werden definiert durch die algebraischen Gleichungen

x2  +  y2  −  1/4  =  0,  x2  +  y2  −  1  =  0,  x2  +  y2  −  4  =  0

Es gilt

K1/2  =  diag(1/2, 1/2) [ K ],  K1  =  diag(1, 1) K  =  K,  K2  =  diag(2, 2) K

Für alle v = (x, y)  ∈  2 gilt:

diag(r, r) v  =  diag(r, r) (x, y)  =  r00r xy =  rxry =  r (x, y)  =  r v

Mit der Norm-Eigenschaft ∥ r v ∥ = r ∥v∥ ergibt sich

Kr  =  { r v  ∈  2 | ∥v∥ = 1 }  =  { v  ∈  2 | ∥v∥  =  r },

sodass Kr durch die algebraische Gleichung

x2  +  y2  −  r2  =  0

definiert wird.

 Nach Definition ist

Kr  =  diag(r, r)[ K ]  =  { diag(r, r) v | v  ∈  K }  =  { r v | v  ∈  K }

Umgekehrt erhalten wir K aus Kr durch Rückskalierung:

K  =  diag(r, r)−1[ Kr ]  =  diag(1/r, 1/r) [ Kr ]  =  { r−1v | v  ∈  Kr }

 Als erstes Ergebnis halten wir fest:

Satz (Kreise und Matrizen, I)

Sei A eine (2 × 2)-Matrix. Dann sind äquivalent:

(a)

A[ K ] = K, d. h. K ist invariant unter A.

(b)

A ist orthogonal (also eine Rotation rotφ oder eine Spiegelung mirψ).

Beweis

Gilt (a), so gilt ∥ A v ∥ = ∥v∥ ∥ A v̂ ∥ = ∥v∥ 1 = ∥v∥ für alle v  ∈  2. Damit ist A normerhaltend und folglich orthogonal. Die andere Implikation ist klar, da Rotationen und Spiegelungen den Kreis invariant lassen.

 Allgemeiner gilt (vgl. auch den Satz über winkeltreue Matrizen im Anhang):

Satz (Kreise und Matrizen, II)

Seien A  ∈  2 × 2 und r > 0. Dann sind äquivalent:

(a)

A[ K ] = Kr

(b)

A hat orthogonale Spaltenvektoren der Länge r.

(c)

A hat orthogonale Zeilenvektoren der Länge r.

Beweis

Sei B = 1/r A. Dann gilt die Äquivalenzenkette:

A[ K ] = Kr genau dann, wenn  B [ K ]  =  K
genau dann, wenn  B ist orthogonal
genau dann, wenn  A hat orthogonale Zeilen/Spalten der Länge r