Das Bild des Einheitskreises als Kurve

Wir betrachten die Kurven f, g1, g2 : [ 0, 2π]  2 mit:

f (t)  =  (cos(t), sin(t))(Kreisparametrisierung)

g1(t)  =  A f (t)(erste Parametrisierung von E)

g2(t)  =  ∥ A−1 f (t) ∥−1 f (t)(zweite Parametrisierung von E)

für alle t  ∈  [ 0, 2π ]. Die Kurven f und g1 hatten wir als „Standardparametrisierungen“ schon öfters verwendet. Wir wiederholen noch einmal ihre wichtigsten Eigenschaften.

Die Kreisparametrisierung

 Die Kurve f durchläuft den Einheitskreis K in der Zeit [ 0, 2π ] gegen den Uhrzeigersinn mit gleichmäßiger Geschwindigkeit mit Start- und Endpunkt bei e1 = (1, 0). Für alle t gilt f ′(t) = (−sin t, cos t) und ∥ f ′(t) ∥ = 1. Für alle t hat f (t) den Winkel t im Bogenmaß, d. h. es gilt f (t) = (1, t)polar in Polarkoordinaten.

Die erste Parametrisierung von E

 Die Kurve g1 durchläuft E = A[ K ] mit Start- und Endpunkt bei A e1 = (a, c). Das Vorzeichen der Determinante von A bestimmt die Umlaufrichtung. Es gilt

g1(t)  =  abcd costsint  =  acostbsintccostdsint für alle t  ∈  [ 0, 2π ]

ellipsen1-AbbIDparams_param_1

Die erste Parametrisierung g1 für die Matrix A = 1/2 ((3, −7), (5, 1)). Gezeigt sind zudem die Punkte g1(t) für t = 0, π/2, π, 3π/2. Die durch den Farbkreis K markierte Farbe von t entspricht der Farbe des Kurvenpunktes f (t).

Die zweite Parametrisierung von E

 Um die zweite Parametrisierung zu beschreiben, beginnen wir mit einigen allgemeinen Überlegungen. Sei hierzu v  ∈  2 mit v ≠ 0. Dann ist

prK(v)  =  v̂  =  v∥v∥

die zentrische Projektion von v auf den Einheitskreis K. Allgemeiner ist

prE(v)  =  v∥ A−1 v ∥

die zentrische Projektion von v auf E = A[ K ]. Der Vektor prE(v) ist das eindeutige v*  ∈  E derart, dass arg(v*) = arg(v), d. h. es gilt v = λ v* für ein λ > 0.

Beweis hierzu

Ist w = A−1prE(v), so gilt ∥w∥ = 1, sodass w  ∈  K und prE(v) = Aw  ∈  E. Aus der Injektivität von A ergibt sich die Eindeutigkeit: Sind w1, w2  ∈  K verschieden, so gilt arg(Aw1) ≠ arg(Aw2), da sonst A(λ w1) = λ A w1 = A w2 für λ = ∥ A w2 ∥ ∥ A w1 ∥−1.

Für alle v gilt:

prE(Av)  =  Av∥ A−1 A v ∥  =  Av∥ v ∥  =  A v̂  =  A(prK(v))

Die zweite Parametrisierung ist nun die Kurve prE ∘ f:

g2(t)  =  ∥ A−1f (t) ∥−1 f (t)  =  prE(f (t))  für alle t  ∈  [ 0, 2π ].

Der Punkt g2(t) ist der Punkt auf E, den wir sehen, wenn wir vom Nullpunkt aus in Richtung f (t) blicken. Wir fassen zusammen:

Satz (Projektionseigenschaft der zweiten Parametrisierung)

Sei t  ∈  [ 0, 2π ]. Dann ist g2(t) der eindeutige Punkt von E mit dem Winkel t. Es gilt ∥ g2(t) ∥ = ∥ A−1f (t) ∥−1.

ellipsen1-AbbIDparams_param_2

Die zweite Parametrisierung g2 für A = 1/2 ((3, −7), (5, 1)). Die Farbe von t entspricht wieder der Farbe von f (t). Zudem haben t und g2(t) das gleiche Argument.

 Nach diesen Vorbereitungen können wir nun den Satz über Matrix-Ellipsen neu beweisen:

Strategie des Beweises

Wir vermuten, dass E = A [ K ] eine Ellipse ist. Ist dies der Fall und hat E unterschiedlich lange Halbachsen, so haben die Längenfunktionen ∥ g1(t) ∥ und ∥ g2(t) ∥ der beiden Parametrisierungen in [ 0, 2π [ jeweils genau vier lokale Extrema. Sie werden angenommen, wenn g1(t) bzw. g2(t) die Halbachsenvektoren von E erreicht. Mit Hilfe der Ableitungen von ∥ g1(t) ∥ und ∥ g2(t) ∥ können wir diese Extrema ermitteln (letztendlich mit Methoden der Schulmathematik). Danach zeigen wir, dass E tatsächlich eine Ellipse ist. Dabei erweist sich die Parametrisierung g2 als einfacher, da sie uns den Drehwinkel der Ellipse direkt liefert. Um Wurzeln zu vermeiden, berechnen wir Normquadrate und ihre Ableitungen.