Gleichungen zweiten Grades in zwei Variablen

 Gleichungen der Form a x + b y + c = 0 mit reellen reellen Variablen x, y und reellen Koeffizienten a, b, c mit (a, b) ≠ 0 definieren affine Geraden der Form

G  =  v0 + span(v)  =  { v0  +  λ v | λ  ∈   }  ⊆  2

mit einem Aufsatzpunkt v0  ∈  2 und einem Richtungsvektor v  ∈  2. Lassen wir Quadrate bei den Variablen zu, so erhalten wir die reellen algebraischen Kurven zweiter Ordnung, die auch als (algebraische) Kegelschnitte bezeichnet werden. Die geometrischen Kegelschnitte entstehen im dreidimensionalen Raum, der bei der folgenden Definition nicht verwendet wird.

Definition (algebraische Kurve zweiten Grades)

Eine (reelle) algebraische Gleichung zweiten Grades hat die Form

a x2 + b xy + cy2 + d x + e y + f  =  0

mit reellen Variablen x, y und Koeffizienten a, …, f  ∈   mit (a, b, c) ≠ (0, 0, 0). Für jede solche Gleichung heißt die Lösungsmenge

L  =  { (x, y)  ∈  2 | a x2 + b xy + cy2 + d x + e y + f  =  0 }

die zugehörige (reelle) algebraische Kurve zweiten Grades oder der durch die Gleichung definierte (reelle) Kegelschnitt.

Der Koeffizient f heißt der konstante Term der Gleichung. Gilt d = e = 0, so heißt die Gleichung zentrisch. Gilt zudem b = 0 (sodass die Gleichung die Form a x2 + c y2 + f = 0 besitzt), so heißt die Gleichung reinquadratisch.

Bemerkung

(1)

Ist (x, y) eine Lösung einer zentrischen Gleichung, so gilt dies auch für (−x, −y). Die Lösungsmenge einer zentrischen Gleichung ist also punktsymmetrisch zum Ursprung.

(2)

Ist (x, y) eine Lösung einer reinquadratischen Gleichung, so gilt dies auch für (−x, y), (x, −y) und (−y, −x). Die Lösungsmenge ist also achsensymmetrisch bzgl. beider Koordinatenachsen.

 Einer algebraischen Gleichung wie in der Definition können wir ein Polynom f : 2   mit

f(x, y)  =  a x2 + b xy + cy2 + d x + e y + f  für alle (x, y)  ∈  2

zuordnen. Die algebraischen Kurven zweiten Grades sind in diesem Sinne die Nullstellengebilde von Polynomen in zwei Variablen x, y, die − in der Summe der Exponenten − bis zur zweiten Potenz vorkommen.

Bemerkung

Wir schließen den Fall a = b = c = 0 aus, da die Gleichung sonst die Form

d x  +  e y  +  f  =  0 (algebraische Gleichung vom Grad kleinergleich 1)

besitzt. Eine solche Gleichung beschreibt im Fall (d, e) ≠ 0 eine affine Gerade. Im Sonderfall d = e = f = 0 ist die Lösungsmenge die Ebene und im Fall d = e = 0 und f ≠ 0 ist die Gleichung unlösbar.

 Wir betrachten einige Beispiele.

Beispiele

x2  +  y2  −  r2  =  0(Kreis Kr)

b2 x2  +  a2 y2  −  (a b)2  =  0(Ellipse Ea, b)

y  −  x2  =  0(Einheitsparabel)

x  −  y2  =  0(Einheitsparabel mit Ausrichtung an der x-Achse)

x2 − y2 − 1  =  0(Einheitshyperbel)

b2 x2  −  a2 y2  −  (a b)2  =  0(Hyperbel Ha, b)

x y  −  1  =  0(Hyperbel wie durch f (x) = 1/x definiert)

x2  =  0 (Gerade, y-Achse)

x2  −  1  =  0 (Geradenpaar, Senkrechte auf der x-Achse durch ±1)

x y  =  0 (Geradenpaar, Achsenkreuz)

x2 − y2  =  0 (Geradenpaar, erste und zweite Winkelhalbierende)

x2  +  1  =  0 (leere Menge)

ellipsen1-AbbIDconics_examples_1

Zwei Kegelschnitte, definiert durch die Gleichungen

x2 + y2  =  1  (blau, Einheitskreis),  x2 − y2  =  1  (gelb, Einheitshyperbel)

ellipsen1-AbbIDconics_examples_2

x2 + 2y2 − 1  =  0  (blau)

2x y − 1  =  0  (gelb)

ellipsen1-AbbIDconics_examples_3

x2 + x y + 2 y2 − 2  =  0  (blau)

x2 + x y − 2 y2 − 2  =  0  (gelb)

ellipsen1-AbbIDconics_examples_4

x2 + x y + 2 y2 + x − y − 2  =  0  (blau)

x2 + x y − 2 y2 + x − y − 2  =  0  (gelb)

ellipsen1-AbbIDconics_examples_5

− x2 + y  =  0  (blau)

y2 − 4x − 9  =  0  (gelb)

ellipsen1-AbbIDconics_examples_6

4x2 + 4xy + y2 − 2x + 2y − 9  =  0  (blau)

2x2 + 4xy + 2y2 − x − y − 9  =  0  (gelb)

ellipsen1-AbbIDconics_examples_7

x2 − 1  =  0  (blau)

y2 − 4  =  0  (gelb)

ellipsen1-AbbIDconics_examples_8

x y + 2x − y − 2  =  0  (blau)

x2 − 3y2 + 2x + 12y − 11  =  0  (gelb)

 Wir werden im Folgenden in mehreren Schritten beweisen, dass unsere Beispiele tatsächlich alle algebraischen Kurven hinsichtlich ihres geometrischen Typs abdecken. Damit bestehen die algebraischen Kurven zweiten Grades wie die geometrischen Kegelschnitte „im Wesentlichen“ aus Ellipsen, Hyperbeln und Parabeln. Um die anderen („nicht Wesentlichen“) Kegelschnitte einzufangen, betrachten wir: