Diskussion der Lösung

 Wir betrachten eine Lösung q :   2 der Differentialgleichung (#), wie wir sie oben gefunden haben, d. h. es gilt

q(t)  =  (a cos(kepε(ωt))  −  e,  b sin(kepε(ωt)))  für alle t  ∈  ,  mit

 a  ≥  b,  e  =  a2 − b2,  ε  =  e/a  <  1,  ω  =  ω′ a−2/3,  ω′ = k/m,  q[  ]  =  EF1a, b

Wir stellen einige Formeln zusammen.

Koordinaten und Radius

Seien t  ∈   und α = kepε(ωt). Dann gilt für q(t) = (x(t), y(t)) und r(t) = ∥ q(t) ∥:

x(t) =  a cos(α)  −  e  =  a cos(kepε(ωt))  −  e
y(t) =  b sin(α)  =  b sin(kepε(ωt))
r(t) =  a (1 − ε cos(α))  =  a (1 − ε cos(kepε(ωt)))

 Die Formel für den Radius hatten wir in (+) bereits ermittelt. Mit

q′(t)  =  ω kepε′(ωt) (− a sin(kepε(ωt)),  b cos(kepε(ωt)))

kepε′(0)  =  1/fε′(0)  =  1/(1 − ε),  kepε′(ωT/2)  =  1/fε′(π)  =  1/(1 + ε)

erhalten wir:

Startwerte und halbe Periode

q(0)  =  (a − e, 0),  q′(0)  =  (0, ω b/(1 − ε)) (Apsis-Start)

q(T/2)  =  (− a − e, 0),  q′(T/2)  =  (0, − ω b/(1 + ε)) (zweite Apsis)

 Die kleine Halbachse b geht in die Startgeschwindigkeit

v0  =  ∥ q′(0) ∥  =  ω b1 − ε  =  ω b (1 + ε)1 − ε2  =  ω a2 (1 + ε)b  =  ω′a(1+ε)b

ein, wobei wir 1 − ε2 = b2/a2 verwenden. Die Startgeschwindigkeit strebt bei festem a und ω gegen unendlich, wenn b gegen Null strebt. Eine Bahn-Ellipse mit einer Exzentrizität nahe bei 1 wird mit einer sehr hohen Geschwindigkeit an der Periapsis durchlaufen. Die Periapsis liegt sehr nahe am Zentrum der Kraft, sodass die Gesamtenergie negativ bleibt. Geben wir den Abstand zum Kraftzentrum vor, so führen hinreichend große Startgeschwindigkeiten zu Parabeln und Hyperbeln. Der Kreisfall b = a (mit ε = 0) tritt genau dann ein, wenn

v0  =  ω a  =  k/(ma)  =  ω′/a(Kreisbahngeschwindigkeit)

in Übereinstimmung mit unserer früheren Formel. Noch kleinere Startgeschwindigkeiten sind mit einem Start in der Periapsis nicht verträglich. Sie führen zu elliptischen Lösungen mit einem Start in der Apoapsis (dem zweiten Vektor q(t) auf einer Bahn-Ellipse, der senkrecht auf q′(t) steht).

 Schließlich untersuchen wir:

Winkelbeziehungen

Seien wieder t  ∈   und α = kepε(ωt). Weiter sei φ = φ(t) der Winkel von q(t) in Fokus-Polarkoordinaten. Wegen F1 = 0 ist φ das Argument von q(t). Nach Definition von α und φ ist klar, dass α = φ für die ganzzahligen Vielfachen von π gilt. Dies entspricht den ganzzahligen Vielfachen der halben Umlaufzeiten (Erreichen der Apsiden). Für eine allgemeine Beziehung vergleichen wir obigen Radius mit der Formel

r(t)  =  b2a (1 + ε cos φ)

für Fokus-Polarkoordinaten. Dies liefert

(1 + ε cos φ)(1 − ε cos α)  =  b2/a2  =  1 − ε2  =  (1 + ε)(1 − ε)

Ausmultiplizieren der linken Seite ergibt

1  +  ε cos φ  −  ε cos α  −  ε2 cos α cos φ  =  1 − ε2

Hieraus folgt

cos α  −  cos φ  =  ε (1 − cos α cos φ)

(Dies gilt auch für ε = 0, da dann α = φ.) Wir erhalten:

cos α  =  cos φ  +  ε1 + ε cos φ,  cos φ  =  cos α  −  ε1 − ε cos α

Damit gilt:

1  +  cos α  =  1 + ε cos φ + cos φ  +  ε1 + ε cos φ  =  (1 + ε) 1 + cos φ1 + ε cos φ

1  −  cos α  =  1 + ε cos φ − cos φ  −  ε1 + ε cos φ  =  (1 − ε) 1 − cos φ1 + ε cos φ

Aus diesen Formeln ergibt sich erneut, dass cos α = ± 1 äquivalent ist zu cos φ = ± 1. Wir nehmen an, dass φ und α keine ganzzahligen Vielfachen von π sind. Dann gilt nach den Halbierungsformeln für den Tangens:

tan2(α/2)  =  1 − cos α1 + cos α  =  1 − ε1 + ε 1 − cos φ1 + cos φ  =  1 − ε1 + ε tan2(φ/2)

und genauer

tan(α/2)  =  sgn(sin(φ)) 1ε1+ε tan(φ/2)

Damit können wir α und φ ineinander umrechnen.

Visualisierung

Zur Visualisierung einer Lösung q :   2 betrachten wir eine äquidistante Partition des Intervalls [ 0, T ], T = 2π/ω, mit Zerlegungspunkten t0 = 0, t1 = T/n, t2 = 2T/n, …, tn = T. Zusätzlich färben wir die Ellipse ein, um die Dynamik der Bewegung zu verdeutlichen. Die Ellipsen werden gegen den Uhrzeigersinn durchlaufen. Im Folgenden ist n = 12, sodass sich im Kreisfall eine Zerlegung wie bei einer Uhr ergibt.

ellipsen1-AbbIDkepler2_ellipses_sol_1

Visualisierung der Lösungen für die Halbachsen

(a, b)  =  (1, 1),  (105/100, 1),  (5/4, 1),  (2, 1)  (von rechts nach links)

Im Kreisfall a = b erhalten wir eine gleichmäßige Winkelgeschwindigkeit. Für a > b wird die Bewegung an der Periapsis (dem Nullpunkt und rechtem Fokus der Ellipsen) beschleunigt und an der Apoapsis verlangsamt. Diese Modifikation der Geschwindigkeit wird umso stärker, je größer die Exzentrizität der Bahn-Ellipse ist.

ellipsen1-AbbIDkepler2_ellipses_sol_2

Analog für (a, b) = (4, 3), (3, 2), (2, 1), (1, 1/2)  (von außen nach innen).