Ellipsen-Parametrisierung nach der Fläche (Methode 2)

 Unser zweiter Ansatz zur Gewinnung elliptischer Gravitationskurven lässt sich durch eine schrittweise Erfüllung der drei Keplerschen Gesetze beschreiben:

Erster Schritt

Ist eine fokusierte Ellipse E gegeben, so durchlaufen wir E mit einer prinzipiell beliebigen periodischen Parametrisierung f :   . Dann gilt das erste Keplersche Gesetz. Konkret können wir die Standardparametrisierung mit Start in der Periapsis und Durchlauf gegen den Uhrzeigersinn verwenden.

Zweiter Schritt

Mit Hilfe eines Satzes der Kurventheorie können wir durch die Berechnung eines Integrals und einer Umkehrfunktion eine Umparametrisierung g von f nach der überstrichenen Fläche erreichen. Die Funktion g hat die Form g(t) = f (φ(s)) mit einer Bijektion φ :   . Sie erfüllt das erste und zweite Keplersche Gesetz.

Dritter Schritt

Wir modifizieren unsere Parametrisierung g mit einem geeigneten Geschwindigkeitsfaktor c, um die Umlaufzeit T korrekt einzustellen. Wir erhalten so eine Bahnkurve q :    mit q(t) = g(c t) = f (φ(c t)), die alle drei Keplerschen Gesetze erfüllt. Aus den Eindeutigkeitssätzen für Differentialgleichungen und der Umparametrisierung nach der überstrichenen Fläche ergibt sich, dass die konstruierte Kurve q eine Lösung unserer Differentialgleichung ist.

 Ist der kurventheoretische Satz des zweiten Schritts bekannt (das Herzstück des Arguments), so ist die Konstruktion letztendlich einfach. Sie schließt sich direkt an die Etablierung der Keplerschen Gesetze im letzten Kapitel an.

 Sei E = EF1a, b mit Halbachsen a ≥ b > 0. Wir betrachten die auf ganz  definierte 2π-periodische Standardparametrisierung f :   2 der Ellipse E mit

f (t)  =  (a cos t  −  e,  b sin t),  e  =  a2b2  =  a ε

f ′(t)  =  (− a sin t,  b cos t)

Wir parametrisieren f um, dass eine nach der überstrichenen Fläche parametrisierte Kurve g = f ∘ φ entsteht. Nach unseren Ergebnissen im Kapitel „Flächeninhalte und Bahnlängen“ erhalten wir φ und g wie folgt. Für alle t  ∈   gilt:

det(f (t), f ′(t)) =  a b cos2 t  −  e b cos t  +  a b sin2 t
=  ab  −  eb cos(t)  =  ab (1 − ε cos t)  >  0

Die Funktion ψ :    mit

ψ(t) =  12 t0 |det(f (s), f ′(s)| ds
=  a b 2t0 1 − ε cos s ds  =  a b2(t  −  ε sin t)

ist 2π-periodisch und streng monoton steigend. Es gilt ψ(2π) = a b π mit der Fläche a b π der Ellipse E. Die Umkehrfunktion φ = ψ−1 ist a b π-periodisch mit

φ(t)  =  ψ−1(t)  =  kepε(2ta b)  für alle t  ∈  

Die Kurve g = f ∘ φ ist eine Parametrisierung von E nach der überstrichenen Fläche mit der Periode a b π. Nach dem dritten Keplerschen Gesetz ist die korrekte Periode T gegeben durch

T  =  ω  mit  ω  =  ω′ a−3/2,  ω′ = k/m

Wir definieren also q :    durch

q(t)  =  g(c t),  wobei  c  =  a b πT  =  a b ω2  für alle t  ∈  

Dann hat q die Periode T. Für alle t  ∈   gilt:

φ(c t)  =  kepε(2 c ta b)  =  kepε(ω t),

sodass:

(+)  q(t)  =  g(c t))  =  f (φ(c t))  =  (a cos(kepε(ωt))  −  e,  b sin(kepε(ωt)))

Wir haben die mit der ersten Methode konstruierten Bahnen wiedergefunden. Die Kepler-Funktion ergibt sich bei diesem Ansatz durch die Parametrisierung der Ellipse nach der überstrichenen Fläche. Aus der Eindeutigkeit dieser Umparametrisierung folgt: Die Funktion g ist die eindeutige a b π-periodische Funktion, die die Ellipse E mit Start in der Periapsis (a − e, 0) gegen den Uhrzeigersinn mit der Flächengeschwindigkeit durchläuft. Analog ist q die eindeutige derartige Funktion der Periode T (mit der Flächengeschwindigkeit ω = 2π/T). Insgesamt ist q :    die eindeutige Lösung unserer Differentialgleichung mit

q(0)  =  (a − e, 0),  q[  ]  =  E,  Durchlauf gegen den Uhrzeigersinn

(Die beiden letzten Eigenschaften sind nach früheren Berechnungen äquivalent zu q′(0) = (0, ωb/(1 − ε)).) Dass q eine Lösung unserer Differentialgleichung ist, lässt sich auch durch Ableiten mit Hilfe der obigen Regeln für die Ableitungen der Umkehrfunktion überprüfen.