Die Exponentialfunktion im Komplexen
Die reelle Exponentialfunktion exp : ℝ → ℝ hatten wir über ihre Ableitung und ihren Wert an der Stelle 0 charakterisiert: Sie ist die eindeutige Funktion f : ℝ → ℝ mit f ′ = f und f (0) = 1. Wesentliche Eigenschaften sind das Additionstheorem
exp(x + y) = exp(x) exp(y) für alle x, y ∈ ℝ
und die für alle x ∈ ℝ gültige Reihendarstellung
exp(x) = ∑n xnn! = 1 + x + x22 + … + xnn! + …,
die durch gliedweises Differenzieren die Ableitungsregel exp′ = exp reproduziert. All dies lässt sich nach ℂ übertragen, sodass folgende Definition möglich ist:
Definition (komplexe Exponentialfunktion)
Die komplexe Exponentialfunktion exp : ℂ → ℂ ist die eindeutige Funktion f : ℂ → ℂ mit
(a) | f ′ = f, |
(b) | f (0) = 1. |
Erneut folgt hieraus das Additionstheorem
exp(z + w) = exp(z) exp(w) für alle z, w ∈ ℂ,
welches die Notation
ez für exp(z)(Exponentialschreibweise im Komplexen)
motiviert.
Für alle z ∈ ℂ gilt die Reihendarstellung
exp(z) = ∑n znn! = 1 + z + z22 + … + znn! + …(komplexe Exponentialreihe)
Die komplexe Exponentialfunktion setzt die reelle Exponentialfunktion fort, d. h. für alle x ∈ ℝ ⊆ ℂ stimmen die Werte der beiden Funktionen überein.
Die Konvergenz der komplexen Exponentialreihe lässt sich wieder mit Hilfe des Quotientenkriteriums und der geometrischen Reihe nachweisen. Letztere wird wie in ℝ eingeführt. Für die komplexe geometrische Summe gilt
∑k ≤ n zk = 1 + z + z2 + … + zn = 1 − zn + 11 − z für alle z ≠ 1,
sodass die komplexe geometrische Reihe im Inneren des Einheitskreises konvergiert:
∑n zn = 1 + z + z2 + … + zn + … = 11 − z für alle z mit |z| < 1.
Beispiel
Wir setzen c = 19/20 · 1/ und q = c (1 + i). Die geometrische Reihe für q konvergiert, da |q| = 19/20 < 1. Der Grenzwert berechnet sich zu
11 − q = 1c2 + (1 − c)2 (1 − c, c) = (0,587…, 1,201…).
Die Konvergenz ist aufgrund der Nähe von q zum Rand des Einheitskreises recht langsam.
Die Partialsummen der geometrischen Reihe für q = 95/100 (1 + i)/