Matrizen und Ellipsen, II
Mit Hilfe der Diagonalisierung können wir die Eigenvektoren und Eigenwerte einer invertierbaren symmetrischen Matrix geometrisch als Richtungen und Längen der Halbachsen der von A erzeugten Ellipse interpretieren und damit zwei Welten zusammenbringen. Im Folgenden seien
EA = A [ K ] = { Av | ∥v∥ = 1 }
das Bild des Einheitskreises K unter einer Matrix A und
Ea, b = { (x, y) ∈ ℝ2 | (x/a)2 + (y/b)2 = 1 }
die achsenparallele Ellipse mit Halbachsen a, b > 0. Wir erhalten:
Satz (Ellipsensatz für symmetrische Matrizen aus Spektralsatz)
Sei A ∈ ℝ2 × 2 invertierbar und symmetrisch, und sei A = S−1 D S mit S orthogonal und D = diag(λ1, λ2). Dann gilt
EA = S−1 [ E|λ1|, |λ2| ].
Damit sind die Eigenwerte von A die Längen der Halbachsen von EA und zugehörige Eigenvektoren sind Halbachsenrichtungen von EA.
Wenn wir die Matrix S als Drehung annehmen und A = S−1 D S als Abfolge der Drehung S, x-y-Skalierung D und Rückdrehung S−1 um den gleichen Drehwinkel auffassen, wird das Ergebnis sehr anschaulich: Durch S = (v, w) werden die orthogonalen und normierten Eigenvektoren v und w von A auf e1 und e2 abgebildet. Der Kreis K bleibt invariant. Anwendung von D verformt K zur achsenparallelen Ellipse E|λ1|, |λ2|. Die Anwendung von S−1 dreht diese Ellipse zur Ellipse EA; die Halbachsenlängen |λ1| und |λ2| bleiben dabei gleich, die Achsenrichtungen e1 und e2 werden zu den Eigenvektoren v = S−1e1 und w = S−1e2 von A. Die Vektoren v und w sind damit Halbachsenrichtungen von EA. Analoges gilt, wenn S eine Spiegelung ist.
Beispiel
Für die oben untersuchte symmetrische Matrix
A = = .
mit Eigenwerten λ1,2 = 2 ± und normierten Eigenvektoren
v = α (1 + , 1), w = α (1 − , 1), α−1 = .
ergibt sich folgendes Bild:
Visualisierung der Eigenwerte und Eigenvektoren der symmetrischen Matrix A
Formal lässt sich der Satz wie folgt beweisen:
Beweis des Satzes
Für alle v ∈ ℝ2 gilt die Äquivalenzenkette:
v ∈ EA | genau dann, wenn | ∥ A−1v ∥2 = 1 |
genau dann, wenn | 〈 A−1v, A−1v 〉 = 1 | |
genau dann, wenn | 〈 S−1 D−1 S v, S−1 D−1 S v 〉 = 1 | |
genau dann, wenn | 〈 D−1 S v, D−1S v 〉 = 1. |
Mit D−1 = diag(1/λ1, 1/λ2) ist
EA | = { v | 〈 D−1 S v, D−1S v 〉 = 1 } |
= { S−1w | 〈 D−1w, D−1w 〉 = 1 } | |
= { S−1(x, y) | (x/λ1)2 + (y/λ2)2 = 1 } = S−1 [ E|λ1|, |λ2| ]. |
Um den Ellipsensatz auch für nichtsymmetrische Matrizen A zu erhalten, verwenden wir, dass für jede Matrix A die Matrix AAt symmetrisch ist, sodass wir den Spektralsatz auf AAt anwenden können:
Satz (allgemeiner Ellipsensatz aus Spektralsatz)
Sei A ∈ ℝ2 × 2 invertierbar, und sei A At = S−1DS mit S orthogonal und D = diag(λ1, λ2). Dann gilt λ1, λ2 > 0 und
EA = S−1[ Eσ1, σ2 ], wobei σ1 = , σ2 = .
Die Eigenvektoren der symmetrischen Matrix AAt sind also Halbachsenrichtungen der Ellipse EA und die Wurzeln der zugehörigen Eigenwerte sind die Längen der Halbachsen.
Beweis
Da mit A auch At invertierbar ist, gilt
〈 v, A At v 〉 = 〈 Atv, Atv 〉 = ∥ At v ∥2 > 0 für alle v ≠ 0.
Dies zeigt, dass die Eigenwerte λ1, λ2 der symmetrischen Matrix A At positiv sind. Der Rest des Beweises verläuft analog zum obigen Beweis (Ausführung des Arguments als Übung).
Wir bemerken schließlich, dass wir den spezielleren Satz für eine symmetrische Matrix A aus dem allgemeinen Satz gewinnen können, indem wir
AAt = A A = A2
diagonalisieren. Denn die Matrix A2 hat die gleichen Eigenvektoren wie A und die Eigenwerte von A2 sind die Quadrate der Eigenwerte von A.