Multiplikative zahlentheoretische Funktionen

 Eine Funktion der Form f :  * oder allgemeiner f :    heißt eine zahlentheoretische Funktion. Wir definieren:

Definition (Multiplikativität)

Eine zahlentheoretische Funktion f heißt multiplikativ, falls f von der Nullfunktion verschieden ist und

f (n m)  =  f (n) f (m)  für alle teilerfremden n, m ≥ 1.

Eine multiplikative Funktion f ist durch ihre Werte auf den Primzahlpotenzen pe eindeutig bestimmt, da

f (p1e1 … pkek)  =  f (p1e1) … f (pkek)

für alle paarweise verschiedenen Primzahlen p1, …, pk und alle Exponenten e1, …, ek ≥ 1. Weiter gilt f (1) = 1 (Übung).

 Viele wichtige zahlentheoretische Funktionen sind multiplikativ. Prominente Beispiele neben der φ-Funktion sind die Teilerzahlfunktion τ :  * und die Teilersummenfunktion σ :  *, die für alle n ≥ 1 definiert sind durch

τ(n)  =  |{ d | 1 ≤ d ≤ n, d|n }|,

σ(n)  =  d|n d,  wobei hier und im Folgenden d ≥ 1 in derartigen Summen.

Die Multiplikativität dieser Funktionen kann mit folgendem allgemeinen Satz bewiesen werden, dessen Beweis wir in den Übungen diskutieren:

Satz (Summationssatz für multiplikative Funktionen)

Sei f :   multiplikativ. Weiter sei g :   definiert durch

g(n)  =  d | n f (d)  für alle n ≥ 1.

Dann ist g multiplikativ.

Damit sind τ und σ multiplikativ. Denn es gilt

τ(n)  =  d | n 1,  σ(n)  =  d | n d,

und die konstante 1-Funktion und die Identität sind multiplikativ.

 Wie für die φ-Funktion gibt es auch für τ und σ Berechnungsformeln. Für alle n ≥ 1 gilt (Übung):

τ(n)  =  p prim, p|n (exp(n) + 1),  σ(n)  =  p prim, p|n pexp(n)+11p1.

Die folgenden Abbildungen zeigen den Verlauf der beiden Funktionen.

ema21-AbbID1-4-8

Verlauf der Teilerzahlfunktion τ bis n = 1000

ema21-AbbID1-4-9

Verlauf der Teilersummenfunktion σ bis n = 1000

 Teilersummen wurden bereits in der griechischen Mathematik untersucht. Euklid nannte eine Zahl n ≥ 2 perfekt oder vollkommen, falls σ(n) = 2n, d. h. falls n die Summe aller seiner positiven Teiler außer sich selbst ist. So sind zum Beispiel

6  =  1 + 2 + 3,  28  =  1 + 2 + 4 + 7 + 14,  496  =  1 + 2 + 4 + 8 + 16 + 31 + 62 + 124

perfekt. Viele Fragen über perfekte Zahlen sind offen: Es ist nicht bekannt, ob es unendlich viele perfekte Zahlen gibt. Und es ist nicht bekannt, ob eine ungerade perfekte Zahl existiert.