Lösen von Kongruenzen ersten Grades

 Aus dem Satz von Euler erhalten wir eine Lösungsformel für Kongruenzen:

Satz (Lösung von Kongruenzen ersten Grades, I)

Sei m ≥ 1. Weiter seien a, b  ∈   mit (a, m) = 1. Dann existiert modulo m genau eine Zahl x mit

a x  ≡   b  mod(m).

Genauer gilt

x  ≡   aφ(m) − 1 b  mod(m).(Lösungsformel für Kongruenzen ersten Grades)

Beweis

zur Existenz:

Wir setzen x = aφ(m) − 1 b. Dann gilt nach dem Satz von Euler:

a x  ≡   a aφ(m) − 1 b  ≡   aφ(m) b  ≡   1 b  ≡   b  (m).

zur Eindeutigkeit modulo m:

Seien x1, x2 Zahlen mit ax1 ≡  b (m) und ax2 ≡  b (m). Dann gilt

ax1 ≡  ax2 (m).

Wegen (a, m) = 1 gilt x1 ≡  x2 (m) nach der Kürzungsregel.

 Wir betrachten ein Beispiel für die Anwendung der Lösungsformel.

Beispiel

Wir lösen die Kongruenz

3x  ≡   5  (11).

Natürlich können wir alle Möglichkeiten x = 0, …, 10 durchprobieren. Da aber a = 3 und m = 11 teilerfremd sind, ist die Lösungsformel anwendbar. Es gilt φ(11) = 10. Wir setzen also

x  =  3φ(m) − 1 b  = 39 5.

Um eine Lösung im Intervall 0, …, 10 zu erhalten, ist es nicht nötig, 39 5 auszurechnen. Wir können x mit Hilfe der Kongruenzregeln schrittweise verkleinern, ohne große Zahlen berechnen zu müssen:

x  ≡   39 5  ≡   (33)3 5  ≡   273 5  ≡   53 5  ≡   54  ≡   (25)2  ≡   32  ≡   9  (11).

Damit ist 9 die eindeutige Lösung der Kongruenz im Zahlenintervall von 0 bis 10. Zur Probe rechnen wir

3 · 9  ≡   27  ≡   5  (11).

ema21-AbbID1-5-4

Lösungstafel der Kongruenz ax ≡  b (7) für a, b = 1, …, 6

ema21-AbbID1-5-5

Lösungstafel der Kongruenz ax ≡  b (13) für a, b = 1, …, 12

Nichteindeutig lösbare Kongruenzen ersten Grades

 Ist die Bedingung (a, m) = 1 für eine Kongruenz ax ≡  b (m) verletzt, ist die Lösungstheorie komplizierter. Hierzu ein Beispiel:

Beispiel: Mehrere oder keine Lösungen

Wir betrachten die Kongruenz 4x ≡  6 (10). Es gilt g = (4, 10) = 2, sodass die Lösungsformel nicht anwendbar ist. Wir berechnen:

x

 0

 1

 2

 3

 4

 5

 6

 7

 8

 9

4x

 0

 4

 8

12

16

20

24

28

32

36

mod (10)

 0

 4

 8

 2

 6

 0

 4

 8

 2

 6

Der Tabelle entnehmen wir die Lösungen x1 = 4 und x2 = 9. Allgemein gilt: Ist b ungerade, so besitzt die Kongruenz keine Lösungen. Ist b gerade, so gibt modulo 10 genau 2 Lösungen von 4x ≡  b (10), die den Abstand 5 voneinander haben. Es gilt 5 = 10/2 = m/g.

 Für dieses Beispiel gilt also

Abstand zweier Lösungen  =  ModulAnzahl der Lösungen  =  Modul(a, m)

Diese Zusammenhänge sind kein Zufall. Allgemein gilt folgender Satz, dessen Beweis wir dem Leser als Übung überlassen:

Satz (Lösung von Kongruenzen ersten Grades, II)

Seien a, b, m  ∈   mit m ≥ 1. Weiter sei g = (a, m) ≥ 2. Dann gilt:

(a)

Ist g kein Teiler von b, so hat die Kongruenz ax ≡  b (m) keine Lösung.

(b)

Ist g ein Teiler von b, so seien

b*  =  b/g,  m*  =  m/g,  a* = a/g,

x1  =  „die eindeutige Lösung von a*x ≡  b* (m*) in 0, …, m* − 1“.

Dann hat die Kongruenz ax ≡  b (m) modulo m genau die g Lösungen

x1,  x2  =  x1 + m*,  …,  xg  =  x1 + (g − 1) m*.

 In den folgenden Diagrammen notieren wir die Lösungen im Fall (b) in der kompakten Form x1 + cm*. Zum Beispiel hat die Kongruenz 4x ≡  8 (12) in dieser Notation die Lösung 2 + 3c. Mit g = (4, 12) = 4 ergeben sich die vier Lösungen 2, 5, 8, 11 im Intervall 0, …, 11.

ema21-AbbID1-5-6

Lösungstafel der Kongruenz ax ≡  b (6) für a, b = 1, …, 6

ema21-AbbID1-5-7

Lösungstafel der Kongruenz ax ≡  b (12) für a, b = 1, …, 12