Verletzungen der Polyederformel

 Die Polyederformel gilt auch für zahlreiche nicht konvexe Körper, etwa für Archimedische Körper mit eingedrückten Flächen. Es gibt aber auch viele (notwendig nicht konvexe) Körper, für die Formel verletzt ist. Ein Beispiel erhalten wir, wenn wir aus dem Inneren eines Tetraeders ein kleines Tetraeder herausschneiden. Der entstehende Körper hat 8 Ecken, 12 Kanten und 8 Flächen, sodass e − k + f = 4. Der zugeordnete Graph besteht aus zwei Kopien des Tetraedergraphen. Zeichnen wir die beiden Kopien planar neben- oder ineinander, so teilen sie sich eine Fläche. Für den Graphen gilt

e − k + f  =  8 − 12 + 7  =  3,

in Übereinstimmung mit der Eulerschen Polyederformel e − k + f = 1 + c, wobei c = 2. Der planare Graph entspricht in der Zahl der Flächen nicht mehr dem dreidimensionalen Körper.

 Interessante Gegenbeispiele zur Eulerschen Formel bilden Polyeder wie das Tetrahemihexaeder oder das Oktahemioktaeder. Das Tetrahemihexaeder entsteht, indem wir von einem Oktaeder vier der acht Dreiecksflächen entfernen und statt dessen im Inneren des Körpers drei ineinander gesteckte Quadrate einfügen. Der so entstehende Körper besitzt 6 Ecken, 12 Kanten und 7 Flächen (4 Dreiecke und 3 Quadrate), sodass

e − k + f  =  1.

Die Schnitte der Quadrate zählen nicht als Ecken und Kanten. Der innere Schnittpunkt würde unsere Symmetrieforderung verletzten, dass jede Ecke gleich aussieht.

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Drei Ansichten des Tetrahemihexaeders

 Analog entsteht ein Oktahemioktaeder, indem wir die sechs Quadrate eines Kuboktaeders entfernen und stattdessen vier ineinander gesteckte Sechsecke einfügen. Optisch entstehen nach innen gerichtete Pyramiden, die sich an der Spitze berühren. Das Oktahemioktaeder hat 12 Ecken, 24 Kanten und 12 Flächen (8 Dreiecke und 4 Sechsecke), sodass e − k + f = 0.

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Drei Ansichten des Oktahemioktaeders

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Die Ecken-Kanten-Graphen des Tetrahemihexaeders und des Oktahemioktaeders lassen sich planar darstellen (im linken Bild lässt sich beispielsweise ein inneres Kantendreieck außen zeichnen). Die beiden Körper lassen sich mit ihren Flächen jedoch nicht als planare Graphen darstellen (sie verletzen die Polyederformel).

 Als ein weiteres Beispiel betrachten wir einen durch ein Koordinatengitter definierten Toruskörper:

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Ein Toruskörper

Jede Ecke hat den Grad 4, sodass 4e = 2k und damit

k  =  2e.

An jede Ecke grenzen genau vier Flächen und an jede Fläche genau vier Ecken an, sodass e = f. Dies können wir auch einsehen, indem wir jeder Fläche ihre „linke obere“ Ecke zuordnen, wodurch eine Bijektion zwischen den Flächen und Ecken entsteht. Insgesamt ist also

e − k + f  =  e − 2e + e  =  0.