Schiefkörper, Quaternionen und Oktaven

 Verzichten wir in der Körperdefinition auf die Kommutativität der Multiplikation, so erhalten wir den allgemeineren Begriff eines Schiefkörpers oder Divisionsbereichs. Im Endlichen erzeugt dies keine neuen Strukturen, denn nach dem (nichttrivialen) Satz von Wedderburn (1905) ist jeder endliche Schiefkörper bereits ein Körper. Dagegen existieren bedeutsame Beispiele im Unendlichen. Auf dem 4 lässt sich eine „-ähnliche“ Multiplikation erklären, sodass mit der Vektoraddition der Schiefkörper  = (4, +, ·, 0, 1) der Hamiltonschen Quaternionen entsteht. Die Quaternionen bilden ein Analogon zu den komplexen Zahlen  = (2, +, ·, 0, 1) mit drei imaginären Einheiten

i  =  (0, 1, 0, 0),

j  =  (0, 0, 1, 0),

k  =  (0, 0, 0, 1).

Die Multiplikation der Einheiten (mit 1 = (1, 0, 0, 0)) ist erklärt durch

1 1  =  1,  1 i  =  i 1  =  i,  1 j  =  j 1  =  j,  1 k  =  k 1  =  k,

i2  =  j2  =  k2  =  − 1,

i j  =  k,  j i  =  − k,  i k  =  − j,  k i  =  j,  j k  =  i,  k j  =  − i.

Die Quaternionen ±1, ±i, ±j, ±k bilden mit der Multiplikation eine nichtkommutative Gruppe der Ordnung 8:

ema22-AbbID3-5-9

Die Quaternionen-Gruppe Q8.

Rechts sind die nicht kommutierenden Paare hervorgehoben.

Durch die Darstellung

(x1, x2, x3, x4)  =  x1  +  i x2  +  j x3  +  k x4  für alle (x1, x2, x3, x4)  ∈  

und die Distributivgesetze ist die Multiplikation auf  durch die Multiplikation der Einheiten so bestimmt, wie die komplexe Multiplikation durch i2 = −1 bestimmt ist. Die Multiplikation auf  ist nicht kommutativ, da zum Beispiel i j ≠ j i. Die anderen Körperaxiome sind gültig, sodass die Quaternionen einen Schiefkörper bilden. Eine Körperstruktur kann auf dem 4 mit der Vektoraddition oder allgemeiner auf dem n für alle Dimensionen n ≥ 3 nicht mehr erreicht werden (was alles andere als leicht zu beweisen ist).

 Im 8 mit der Vektoraddition ist noch eine gute Multiplikation möglich, wenn wir auf das Assoziativgesetz verzichten. Sie führt zur Struktur 𝕆 = (8, +, ·, 0, 1) der Cayley-Oktaven oder Oktonen. Mit den kanonischen Basisvektoren

e1 = (1, 0, …, 0),  …,  e8 = (0, …, 0, 1)

im 8 als Einheiten und der Darstellung

(x1, …, x8)  =  x1 e1  +  …  +  x8 e8  für alle (x1, …, x8)  ∈  8

ist die Multiplikation auf 𝕆 vollständig erklärt durch die folgende Tafel:

ema22-AbbID3-5-10

Multiplikation der Oktaven e1, …, e8

Es gilt zum Beispiel

e2 (e5 e7)  =  e2 e3  =  e4  ≠  −e4  =  e6 e7  =  (e2 e5) e7.

Die 16 Oktaven ±ei für i = 1, …, 8 bilden mit der Multiplikation eine nichtassoziative operationale Struktur und genauer ein Loop.