Die Anordnungsaxiome

 Auf den Körpern der rationalen und reellen Zahlen ist eine lineare Ordnung erklärt, die mit der Arithmetik verträglich ist. Dagegen gibt es auf dem Körper  und den Restklassenkörpern p zwar lineare Ordnungen (etwa die lexikographische Ordnung auf 2 = ), aber offenbar keine Ordnungen, die mit der Addition und der Multiplikation harmonieren würden. Es stellt sich die Frage, wie wir die „guten“ arithmetischen Eigenschaften einer Körperordnung axiomatisch fassen können. Bemerkenswerterweise genügen hierzu zwei Axiome:

Definition (angeordneter Körper)

Sei (K, +, ·, 0, 1) ein Körper, und sei < eine lineare Ordnung auf K. Dann heißt (K, +, ·, 0, 1, <) ein angeordneter Körper, falls für alle a, b, c  ∈  K gilt:

(a)

a  <  b  impliziert  a + c  <  b + c, (Translationsinvarianz)

(b)

0  <  a, b  impliziert  0  <  ab. (Positivitätsregel)

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Zur Translationsinvarianz der Ordnung (mit c > 0)

 Die Translationsinvarianz besagt, dass die Ordnungsbeziehung a < b zwischen zwei Elementen erhalten bleibt, wenn wir ein beliebiges Körperelement c zu a und b addieren. Addition von −c auf beiden Seiten von a + c < b + c zeigt, dass sich die Translationsinvarianz automatisch verstärkt zu

a  <  b  genau dann, wenn  a + c  <  b + c.

Für die Multiplikation können wir keine analoge Invarianz fordern. In  und  gilt −1 < 0, aber nicht (−1) (−1) < 0 (−1). Statt dessen fordern wir, dass die Körperelemente, die größer als Null sind, abgeschlossen unter der Multiplikation sind.

 Wir können die Struktureigenschaften als Anordnungsaxiome angeben, die die zehn Körperaxiome (K1) − (K10) ergänzen:

(K11)∀a  ∈  K  ¬ (a < a)(Irreflexivität)
(K12)∀a, b, c  ∈  K  (a < b ∧ b < c    a < c)(Transitivität)
(K13)∀a, b  ∈  K (a < b  ∨  a = b  ∨  b < a)(Linearität)
(K14)∀a, b, c  ∈  K (a < b    a + c < b + c)(Translationsinvarianz)
(K15)∀a, b  ∈  K  (0 < a ∧ 0 < b    0 < ab)(Positivitätsregel)
Beispiele

Die Körper , [ 2 ], [ 2, 3 ] und  sind mit den üblichen Ordnungen angeordnete Körper.

 Wir schreiben oft wieder kurz K statt (K, +, ·, 0, 1, <).

 In einem angeordneten Körper können wir viele Begriffe einführen, die wir von den reellen Zahlen her kennen:

Definition (Betrag, positiv, negativ, nichtnegativ, Vorzeichen)

Sei K ein angeordneter Körper. Für alle a  ∈  K heißt

|a|=afalls a0afalls a<0

der Betrag von a. Gilt a > 0, a < 0 bzw. a ≥ 0, so heißt a positiv, negativ bzw. nichtnegativ. Weiter setzen wir

K+  =  { a  ∈  K | a > 0 },  K+0  =  { a  ∈  K  |  a ≥ 0 }.

Definition (Vorzeichen)

Sei K ein angeordneter Körper. Für alle a  ∈  K heißt

sgn(a)=1falls a>00falls a=01falls a<0

das Vorzeichen von a.

Zwischen Betrag und Vorzeichen besteht der Zusammenhang

|a|  =  sgn(a) a  für alle a  ∈  K.

Als Satz formulieren wir:

Satz (Eigenschaften des Betrags)

Sei K ein angeordneter Körper. Dann gilt für alle a, b  ∈  K:

(i)

|a|  ≥  0,

(ii)

|a| = 0  genau dann, wenn  a = 0,

(iii)

|a b|  =  |a| |b|,(Produktregel)

(iv)

|a + b|  ≤  |a| + |b|,(Dreiecksungleichung)

(v)

||a| − |b||  ≤  |a ± b|.(umgekehrte Dreiecksungleichung)

 Der Beweis dieser Eigenschaften mit Hilfe der Körper- und Anordnungsaxiome kann dem Leser zur Übung überlassen bleiben.