Anordenbarkeit eines Körpers
In unseren Beispielen für angeordnete Körper tauchen weder die komplexen Zahlen ℂ noch die Restklassenkörper ℤp oder allgemeiner die Körper 𝔽pn auf. Für diese Körper sind keine mit der Arithmetik verträglichen Ordnungen ersichtlich, und es stellt sich die Frage, ob es überhaupt derartige Ordnungen gibt. Wir definieren hierzu:
Definition (anordenbarer Körper)
Ein Körper (K, +, ·, 0, 1) heißt anordenbar, falls es eine lineare Ordnung < auf K gibt, sodass (K, +, ·, 0, 1, <) ein angeordneter Körper ist.
Damit können wir nun zeigen:
Satz (Nichtanordenbarkeit von ℂ)
Der Köper ℂ ist nicht anordenbar.
Beweis
Annahme doch. Nach den Rechenregeln ist −1 kleiner als 0 und das Quadrat jedes von Null verschiedenen Körperelements positiv. Speziell ist 0 < i2. Damit ist
0 < i2 = −1 < 0,
im Widerspruch zur Irreflexivität von <.
Wir betonen noch einmal, dass es durchaus lineare Ordnungen auf ℂ = ℝ2 gibt. Für die lexikographische Ordnung <lex auf ℂ gilt die Translationsinvarianz, aber die Positivitätsregel ist wegen
0 <lex i und i2 = −1 <lex 0
nicht gültig.
Dass ℂ nicht anordenbar ist, stand dem Status der komplexen Zahlen als „Zahlen“ lange entgegen, denn mit „Zahl“ verbinden wir eine sehr ausgeprägte Vorstellung von „kleiner“ und „größer“ im Sinne einer linearen Ordnung. Letztendlich ist es eine Frage der Definition, was man als Zahl gelten lässt und was nicht (der Leser denke etwa an die Geschichte der Null oder der negativen Zahlen). Während sich die Zahlerweiterungen
ℕ* ⊂ ℕ ⊂ ℤ ⊂ ℚ ⊂ ℝ
durch das Beheben von gewissen algebraischen oder analytischen Mängeln beschreiben lassen, geht beim Übergang von ℝ zu ℂ mit der Anordenbarkeit zum ersten Mal eine grundlegende Eigenschaft verloren. Dafür gewinnen wir die Lösbarkeit von Gleichungen, wie sie der Fundamentalsatz der Algebra zum Ausdruck bringt.
Auch die Restklassenkörper sind aufgrund ihres zyklischen Charakters nicht anordenbar. Hierzu zeigen wir allgemein:
Satz (Anordenbarkeit und Charakteristik)
Sei K ein anordenbarer Körper. Dann gilt char(K) = 0. Insbesondere ist ein endlicher Körper nicht anordenbar.
Beweis
Es gilt 0 < 1. Aus der Translationsinvarianz folgt
0 + 1 < 1 + 1, 0 + 1 + 1 < 1 + 1 + 1, …
und allgemein 0 < n1 für alle n ≥ 1 (Induktion). Damit ist die Charakteristik eines anordenbaren Körpers notwendig gleich 0.
In einem angeordneten Körper ist 0 < 1 < 1 + 1 < 1 + 1 + 1 < …
Da jeder Körper der Charakteristik 0 eine Kopie von ℚ enthält, dürfen wir annehmen, dass die rationalen Zahlen in einem angeordneten Körper enthalten sind. Genauer geschieht dies durch die Identifikation von
± nm ∈ ℚ mit ± nKmK = ± n1m1 ∈ K.