9. Borel-messbare Funktionen

 Mit Hilfe transfiniter Rekursion lassen sich auch Funktionenklassen hierarchisch anordnen. Wir definieren für einen metrisierbaren topologischen Raum X durch Rekursion über α < ω1:

Baire-Hierarchie

Die Hierarchie beginnt mit

Baire0(X)  =  { f | f : X   ist stetig }

Für 1 ≤ α < ω1 setzen wir nun (mit punktweisen Limiten von Funktionenfolgen):

Baireα(X)  =  { f | f = limn fn mit fn  ∈  ⋃β < α Baireβ(X) für alle n  ∈   }

Die Folge 〈 Baireα(X) | α < ω1 〉 heißt die Baire-Hierarchie von X (bzgl.  mit der Standardtopologie). Wir setzen weiter

Baireω1(X)  =  ⋃α < ω1 Baireα(X)

 Die Menge Baireω1(X) ist abgeschlossen unter punktweisen Limiten. Für alle α ≤ ω1 ist Baireα(X) ein Unterraum von V = { f | f : X   }.

 Eine Funktion f : X   heißt Borel-messbar, falls die Urbilder von offenen Teilmengen von  Borel-Mengen von X sind. Die Baire-Hierarchie ist de facto eine Organisation dieser Funktionen, denn es gilt:

Baireω1(X)  =  { f : X   | f ist Borel-messbar }

 Siehe [ Kechris 1995, Kap. 24 ] oder [ Deiser 2007, 2.6 ] für einen Beweis.

 Die Baire-Hierarchie ist die historisch erste analytische Hierarchie. Sie wurde von René Baire bereits 1899 untersucht, während die Borel-Hierarchie explizit erst bei Hausdorff 1914 auftaucht, und dann auch erst im Laufe der folgenden Jahrzehnte genauer untersucht wurde. Borel selbst scheint nur die ersten Stufen der Hierarchie genauer betrachtet zu haben.