Der mengentheoretische Funktionsbegriff
Wir hatten bereits Relationen als Mengen eingeführt. Damit ist es nun leicht möglich, Funktionen exakt zu definieren. Die Idee ist, eine Funktion f : A → B mit ihrem Graphen
Graph(f) = { (a, b) | a ∈ A und f (a) = b }
zu identifizieren.
Definition (Funktion)
Eine Relation f heißt eine Funktion, falls gilt:
∀a, b, c ((a, b) ∈ f ∧ (a, c) ∈ f → b = c) (Rechtseindeutigkeit)
Statt (a, b) ∈ f schreiben wir oft f (a) = b. Weiter setzen wir
dom(f) = Def (f) = { a | ∃b f (a) = b } (domain, Definitionsbereich)
rng(f) = f [ A ] = { f (a) | a ∈ dom(f) }(range, Wertebereich)
Wir übernehmen alle oben eingeführten Notationen und Sprechweisen (Stelle, Wert, Abbildung, Punkt, …). Die Schreibweise f : A → B bedeutet:
(a) f ist eine Funktion, (b) dom(f) = A, (c) rng(f) ⊆ B.
Jede Obermenge des Wertebereichs rng(f) kann als ein Wertevorrat dienen. Ist f : A → B, so gilt f ⊆ A × B. Wie beabsichtigt gilt
f = { (a, b) | a ∈ Def (f) und f (a) = b } = Graph(f).
Der formale Funktionsbegriff ist vollkommen statisch: Jede Dynamik, die von a zu f (a) „führt“ oder a in f (a) „umrechnet“, ist verschwunden. Eine Funktion arbeitet nicht, sie ruht als Menge. Die klassischen dynamischen Anschauungen bleiben natürlich wertvoll. Ziel ist eine Präzisierung, die es vermeidet, Funktionen mit undefinierten Begriffen zu erklären.
Beispiele
(1) | Sei f = { (1, 2), (2, 3), (3, 1) }. Dann ist f eine Funktion der Form f : { 1, 2, 3 } → { 1, 2, 3 }. Es gilt f (1) = 2, f (2) = 3, f (3) = 1. |
(2) | Auch g = { (1, 2), (2, 3), (3, 2) } ist eine Funktion der Form g : { 1, 2, 3 } → { 1, 2, 3 }. Hier gilt g(1) = g(3) = 2 und g(2) = 3. |
(3) | Die Relation R = { (1, 2), (2, 3), (1, 3) } ist keine Funktion. Die Rechtseindeutigkeit ist verletzt, da R mit (1, 2), (1, 3) zwei Paare mit gleicher erster, aber verschiedener zweiter Komponente enthält. |
(4) | Sei h = { (n, (n, n + 1)) | n ist eine natürliche Zahl }. Dann ist h eine Funktion der Form h : ℕ → ℕ2. Es gilt h(n) = (n, n + 1) für alle n. |