Endliche und unendliche Dezimalbrüche
Als Anwendung des Vollständigkeitsaxioms besprechen wir unendliche Dezimalbrüche. Zunächst erinnern wir an:
Definition (endlicher Dezimalbruch)
Seien n ∈ ℕ und d1, …, dk ∈ { 0, …, 9 }. Dann definieren wir den endlichen Dezimalbruch n,d1 … dk ∈ ℚ durch
n,d1 … dk = n + d110 + d2100 + … + dk10k.
Bei festem n sind alle Dezimalbrüche der Form n, d1 …dk nach oben beschränkt durch n + 1. Damit können wir definieren:
Definition (unendlicher Dezimalbruch)
Seien n ∈ ℕ und d1, d2, d3, … eine unendliche Folge mit di ∈ { 0, …, 9 } für alle i. Dann definieren wir den unendlichen Dezimalbruch n,d1 d2 d3 … ∈ ℝ durch
n,d1 d2 d3 … = supk ≥ 1 n,d1 … dk (= sup({ n,d1 … dk | k ≥ 1 })).
Ein unendlicher Dezimalbruch ist nach Definition das Supremum einer bestimmten beschränkten nichtleeren Menge rationaler Zahlen. Dieses Supremum kann rational sein oder nicht. Es gilt:
Satz (Charakterisierung der rationalen Zahlen über Dezimalbrüche)
Ein unendlicher Dezimalbruch n,d1 d2 d3 … ist genau dann rational, wenn die Folge d1, d2, d3, … seiner Dezimalziffern periodisch ist, d. h. es gibt ein k ≥ 0 und e1, …, em mit
n, d1 d2 d3 … = n,d1 … dk e1 … em = n,d1 … dk e1 … em e1 … em e1 … em …
Damit lassen sich spielerisch irrationale Zahlen konstruieren:
Beispiele
Die folgenden reellen Zahlen sind nichtperiodisch und damit irrational:
(1) | 0,101001000100001… mit immer größere werden Nullblöcken |
(2) | 0,01001100011100001111… |
(3) | 0,123456789112233445566778899… |
Erst die genaue Definition eines unendlichen Dezimalbruchs erlaubt es, Aussagen wie 0,999… = 1 zu erklären und zu beweisen (vgl. die Übungen).