Norm und Skalarprodukt im Komplexen

 Sei n ≥ 1. Wir können die für den n eingeführten Begriffe wieder auf den komplexen Vektorraum n erweitern:

Definition (Norm und Abstand für komplexe Vektoren)

Für alle v, w  ∈  n setzen wir:

∥ v ∥  =  |v1|2++|vn|2(Norm von v)

d(v, w)  =  ∥ v − w ∥(Abstand von v und w)

Wichtig: Beträge bei den Quadraten

Die Beträge in der Definition der Norm auf dem n sind wesentlich. Für alle komplexen Zahlen z ist |z| eine nichtnegative reelle Zahl, während z2 im Allgemeinen einen von Null verschiedenen Imaginärteil besitzt. Für eine reelle Zahl x gilt x2 = |x|2, sodass wir bei der Norm auf dem n auf die Beträge verzichten können.

 Die Norm eines komplexen Vektors ist immer reellwertig. Die Wurzel wird auf eine reelle Zahl angewendet (die Summe der Quadrate der Längen der Komponenten des Vektors).

 Für die komplexe Norm gilt erneut die Dreiecksungleichung

∥ v + w ∥  ≤  ∥v∥  +  ∥w∥  für alle v, w  ∈  n.

Konjugation beim komplexen Skalarprodukt

 Sei n ≥ 1 beliebig. Für das komplexe Skalarprodukt im n streben wir erneut die Eigenschaft

∥ v ∥2  =  〈 v, v 〉  für alle v  ∈  n

an. Hierzu setzen wir die komplexe Konjugation z  =  Re(z) − i Im(z) ein:

Definition (Skalarprodukt für komplexe Vektoren)

Für alle v, w  ∈  n setzen wir:

〈 v, w 〉  =  v1 w1  +  …  +  vn wn.

Die komplexe Zahl 〈 v, w 〉 heißt das kanonische Skalarprodukt der Vektoren v und w.

Für alle v  ∈  n gilt nun wie gewünscht

〈 v, v 〉  =  v1 v1  +  …  +  vn vn  =  |v1|2  +  …  +  |vn|2  =  ∥ v ∥2.

 Da x = x für alle reellen Zahlen x gilt, setzt das komplexe Skalarprodukt das reelle Skalarprodukt fort.

Beispiele

Im 2 seien v = (1, i) und w = (i, 1). Dann gilt

〈 v, w 〉  =  〈 (1, i), (i, 1) 〉  =  1 · i  +  i · 1  =  i  +  (−i)  =  0

〈 v, v 〉  =  〈 (1, i), (1, i) 〉  =  1 · 1  +  i · i  =  1  +  (−i) i  =  1  +  1  =  2  =  ∥v∥2

〈 w, w 〉  =  〈 (i, 1), (i, 1) 〉  =  i · i  +  1 · 1  =  (−i) i  +  1  =  1  +  1  =  2  =  ∥w∥2

 Einige Recheneigenschaften nehmen aufgrund der Konjugation in der ersten Komponente eine andere Form an. Für alle v, w  ∈  n und λ  ∈   gilt:

〈 λv, w 〉  =  λ 〈 v, w 〉,  〈 v, λw 〉  =  λ 〈 v, w 〉

〈 v, w 〉  =  〈 w, v 〉

Aufgrund der letzten Formel sind die binomischen Formeln etwas komplizierter:

Komplexe binomische Formeln

Für alle v, w  ∈  n gilt:

(1)

∥ v + w ∥2  =  ∥v∥2  +  ∥w∥2  +  2 Re(〈 v, w 〉)

(2)

∥ v − w ∥2  =  ∥v∥2  +  ∥w∥2  −  2 Re(〈 v, w) 〉

(3)

〈 v + w , v − w 〉  =  ∥v∥2  −  ∥w∥2  −  2 i Im(〈 v, w 〉)

Es gilt erneut die Ungleichung von Cauchy-Schwarz:

|〈 v, w 〉|  ≤  ∥v∥ ∥w∥  für alle v, w  ∈  n

Alternative: Konjugation in der zweiten Komponente

Wir können auch in der zweiten Komponente konjugieren:

〈 v, w 〉2  =  v1w1  +  …  +  vnwn.

Dies liefert ein Skalarprodukt mit analogen Eigenschaften. Es gilt

〈 v, w 〉  =  〈 v, w 〉2  für alle v, w  ∈  n.