Kriterien für die Invertierbarkeit

 Wir haben gesehen, dass wir eine Matrix als lineare Abbildung auffassen können. Die Invertierung entspricht nun der Bildung der Umkehrabbildung:

Satz (Invertierbarkeit und Bijektivität)

Sei A  ∈  n × n. Dann sind äquivalent:

(a)

A ist invertierbar.

(b)

A : n  n ist bijektiv.

In diesem Fall ist A−1 : n  n die Umkehrabbildung von A.

Beweis

Eine Abbildung f : n  n ist genau dann bijektiv, wenn es eine Abbildung g : n  n gibt mit f ∘ g = id = g ∘ f. Da die Matrizenmultiplikation der Komposition von Abbildungen und die Identität der Einheitsmatrix entspricht, folgt die Behauptung.

 Der Satz zeigt, dass die Invertierbarkeit einer quadratischen Matrix eine besondere Eigenschaft ist: Die Matrix muss als Abbildung bijektiv sein.

Beispiele

(1)

Rotationen sind bijektiv. Also ist eine Rotations-Matrix invertierbar. Das Gleiche gilt für Spiegelungen.

(2)

Projektionen sind nicht injektiv. Also ist eine Projektions-Matrix singulär.

 Es gibt eine Vielzahl von weiteren Kriterien. Ohne Beweis geben wir an:

Satz (Invertierbarkeitskriterien)

Sei A  ∈  n × n. Dann sind äquivalent:

(a)

A ist invertierbar.

(b)

A : n  n ist injektiv.

(c)

A : n  n ist surjektiv.

(d)

Die Zeilenvektoren von A sind linear unabhängig.

(e)

Die Spaltenvektoren von A sind linear unabhängig.

(f)

Die Zeilenvektoren von A sind erzeugend.

(g)

Die Spaltenvektoren von A sind erzeugend.

Visualisierung durch Pfeildiagramme

Wir betrachten noch einmal die Matrix A = ((2, 1); (−1, 3)) aus dem letzten Kapitel. Ein Pfeildiagramm für A−1 erhalten wir durch Umkehrung der Pfeile eines Diagramms für A.

hm1-AbbIDlin_abb_arr_1b
hm1-AbbIDlin_abb_arr_inverse_1

Pfeildiagramm für A (oben) und A−1 (unten). Es gilt A−1 = 1/7 ((3, −1); (1, 2)).

Eine singuläre Matrix lässt keine eindeutige Umkehrung der Abbildungspfeile zu. Projektionsmatrizen sind Beispiele hierzu (vgl. das letzte Kapitel).

Visualisierung durch Koordinatensysteme

Die Verformung des kartesischen Koordinatensystems durch eine Matrix wird durch ihr Inverses rückgängig gemacht. Für A = ((2, 1); (−1, 3)) und A−1 = 1/7 ((3, −1); (1, 2)) erhalten wir:

hm1-AbbIDlin_abb_matr_1b
hm1-AbbIDlin_abb_mat_invers_1

Verformung des kartesischen Koordinatengitters durch A (oben) und A−1 (unten). Das Koordinatensystem von A ist weitmaschiger als das kartesische System, das System von A−1 entsprechend feiner.

Das „Flachdrücken“ des kartesischen Systems wie bei einer Projektion lässt sich dagegen nicht mehr rückgängig machen.