Bilder und Urbilder
Häufig gebraucht wird das Aufsammeln von Bildern und Urbildern:
Definition (Bild und Urbild)
Sei f eine Funktion, und seien A, B Mengen. Wir setzen:
f″A | = { f (a) | a ∈ dom(f) ∩ A } , |
f −1″B | = { a ∈ dom(f) | f (a) ∈ B }. |
f″A | heißt das Bild von A unter f [gelesen: f zwei Strich von A]. |
f −1″B | heißt das Urbild von B unter f. |
Man beachte, dass die Urbildoperation f −1″ auch für nicht injektive Funktionen definiert ist.
Gebräuchlich sind auch die Bezeichnungen f[ A ] und f −1[ B ] für f″A und f −1″B.
Es gilt f″A ⊆ rng(f) und f −1″B ⊆ dom(f) für alle Mengen A, B.
Übung
Sei f : A → B eine Funktion. Dann gilt:
(i) | f ″ f −1″ X ⊆ X | für alle X ⊆ B, |
(ii) | f ″ f −1″ X = X | für alle X ⊆ rng(f), |
(iii) | f −1″ f ″ X ⊇ X | für alle X ⊆ A, |
(iv) | f −1″ f ″ X = X | für alle X ⊆ A, falls f injektiv ist. |
Übung
Sei f : A → B eine Funktion. Dann gilt:
(i) | f ″ (X − Y) ⊇ f ″ X − f ″ Y | für alle X, Y ⊆ A, |
(ii) | f ″ (X − Y) = f ″ X − f ″ Y | für alle X, Y ⊆ A, falls f injektiv ist, |
(iii) | f −1″ (X − Y) = f −1″ X − f −1″ Y | für alle X, Y ⊆ B, |
(iv) | f ″ ⋂ 𝒳 ⊆ ⋂ { f ″ X | X ∈ 𝒳 } | für alle 𝒳 ⊆ ℘(A), |
(v) | f ″ ⋂ 𝒳 = ⋂ { f ″ X | X ∈ 𝒳 } | für alle 𝒳 ⊆ ℘(A), falls f injektiv ist, |
(vi) | f ″ ⋃ 𝒳 = ⋃ { f ″ X | X ∈ 𝒳 } | für alle 𝒳 ⊆ ℘(A), |
(vii) | f −1″ ⋂ 𝒳 = ⋂ { f −1″ X | X ∈ 𝒳 } | für alle 𝒳 ⊆ ℘(B), |
(viii) | f −1″ ⋃ 𝒳 = ⋃ { f −1″ X | X ∈ 𝒳 } | für alle 𝒳 ⊆ ℘(B). |
Bemerkung: Bilder und Urbilder im Vergleich
Für die Urbildoperation gilt in den Aussagen der letzten Übungen stets Gleichheit, für die Bildoperation nur manchmal. Woran liegt das? Zunächst kann man sich vor Augen führen, dass die Injektivität von f eine gute Eigenschaft ist, da dann f (x) einfach als ein „neuer Name“ für x angesehen werden kann, während eine derartige Umbenennung bei nichtinjektiven Funktionen zu Identitätskrisen führen würde. Damit ist dann die Gleichheit in (ii) und (v) klar. Faßt man nun f −1 als eine „mehrdeutige Funktion“ auf rng(f) auf, die einem x u. U. mehrere Werte zuweist, nämlich alle y mit f (y) = x, so gilt „Injektivität“ für diese mehrdeutige Funktion: Die Mengen der Werte, die zu verschiedenen x1, x2 gehören, sind disjunkt (denn f ist als Funktion rechtseindeutig). f −1 kann man also als eine Umbenennung auffassen, bei der Objekte u. U. mehrere neue Namen erhalten, jedoch dieselben Namen niemals an verschiedene Objekte vergeben werden.
Der Leser, der immer noch nicht erschöpft ist, kann versuchen, für Relationen R, S die Operationen
R−1 | = { (b, a) | (a, b) ∈ R }, |
R ∘ S | = { (a, c) | es gibt ein b mit (a, b) ∈ R und (b, c) ∈ S }, |
R″A | = { b | (a, b) ∈ R für ein a ∈ A }, |
R−1″B | = (R−1)″B = { a | (a, b) ∈ R für ein b ∈ B } |
in ähnlicher Weise zu untersuchen, wie wir es für den Funktionsbegriff getan haben. (Diese Definitionen rechtfertigen auch die Schreibweise f −1″B für nichtinjektive Funktionen f; die Relation f −1 ist nun immer definiert, da eine Funktion f eine Relation ist. Obige Verknüpfung ∘ = ∘Rel von Relationen ist invers zur Verknüpfung ∘ = ∘Fun von Funktionen, d. h. g ∘Fun f = f ∘Rel g, was aber i. A. problemlos ist, sodass der Index an ∘ entfallen kann.)
Nach dieser zuletzt recht trockenen Anreicherung unserer Sprache im Umfeld des Funktionsbegriffs nähern wir uns im folgenden Kapitel der zentralen Idee der Mengenlehre über eine spielerische Frage …
P. R. Halmos über den mengentheoretischen Funktionsbegriff
„Dementsprechend werden die Bezeichnungen Abbildung, Transformation, Zuordnung sowie Operator (und viele andere) zuweilen als Synonyma für Funktion verwendet …
Die oben aufgezählten Synonyma für ‚Funktion‘ suggerieren alle irgendeine Tätigkeit als Nebenbedeutung. Deshalb sind manche Mathematiker unzufrieden mit unserer Definition, derzufolge eine Funktion nichts (im dynamischen Sinne) tut, sondern einfach (im statischen Sinne) vorhanden ist. Diese Unzufriedenheit äußert sich in einem abweichenden Gebrauch des Vokabulars: Funktion wird für das undefinierte Objekt reserviert, das irgendwie aktiv ist, und die Menge geordneter Paare, die wir als Funktion bezeichnet haben, wird dann der Graph der Funktion genannt. “
(P. R. Halmos 1972, „Naive Mengenlehre“ )