Größenvergleich zweier Mengen: „gleichgroß“
Motiviert durch den Algorithmus des Abtragens definieren wir nun einen rein mathematischen Begriff. Dieser Begriff der Gleichmächtigkeit zweier Mengen erweist sich als derart tragfähig und ebenmäßig, dass sich auf seiner Grundfläche eine Pyramide errichten lässt, die einen Vergleich mit einem altägyptischen Original weder nach Konstruktion noch nach Wirkung zu scheuen braucht.
Definition (|A| = |B|; erste Fundamentaldefinition der Mengenlehre)
Seien A und B Mengen. Dann ist A gleichmächtig zu B, in Zeichen |A| = |B|, falls gilt:
Es existiert ein bijektives f : A → B.
Cantor (1878):
„Wenn zwei wohldefinierte Mannigfaltigkeiten M und N sich eindeutig und vollständig, Element für Element, einander zuordnen lassen (was, wenn es auf eine Art möglich ist, immer auch noch auf viele andere Weisen geschehen kann), so möge für das folgende die Ausdrucksweise gestattet sein, dass diese Mannigfaltigkeiten gleiche Mächtigkeit haben, oder auch, dass sie äquivalent sind.“
Der zweite Fundamentalbegriff der Mengenlehre ist der der Wohlordnung, ebenfalls von Cantor aufgestellt und in den Mittelpunkt gerückt. Wir werden ihn im zweiten Abschnitt definieren und unter die Lupe nehmen. Er ist die Senkrechte zur Grundfläche der Gleichmächtigkeit und erlaubt uns sichere Konstruktionen in schwindelerregende Höhen.
Übung
Seien A, B, C Mengen. Dann gilt:
(i) | |A| = |A|, | (Reflexivität) |
(ii) | |A| = |B| folgt |B| = |A|, | (Symmetrie) |
(iii) | |A| = |B| und |B| = |C| folgt |A| = |C|. | (Transitivität) |
Fraenkel (1959):
„Wir setzen nun fest:
Definition 2. Existiert eine Abbildung [= Bijektion] der Menge N auf die Menge M, so heißt M äquivalent der Menge N, in Zeichen M ∼ N [ |M| = |N| ].
Offenbar ist jede Menge sich selbst äquivalent (M ∼ M), aus M ∼ N folgt N ∼ M, und aus den Beziehungen M ∼ N, N ∼ P folgt M ∼ P. Kurz, die Äquivalenz ist eine reflexive, symmetrische und transitive Relation. Im Allgemeinen − nämlich wenn M mehr als ein Element enthält − gibt es verschiedene Abbildungen zwischen zwei äquivalenten Mengen … “
Übung
Seien M, A, B Mengen mit A ∩ B = ∅. Es gelte
|M| = |M ∪ A| und |M| = |M ∪ B|.
Dann gilt |M| = |M ∪ A ∪ B|.