Unsere Intuition über die Gültigkeit des Satzes

 Wir besprechen noch ein intuitives Argument für die Richtigkeit des Vergleichbarkeitssatzes, das sich an unserem Algorithmus des Abtragens orientiert, der ja für je zwei Nusshaufen die Vergleichbarkeit zeigt. Seien hierzu M und N zwei beliebige Mengen. Wie früher bilden wir wiederholt Paare (x, y) mit x  ∈  M, y  ∈  N, und entfernen dabei x und y aus M und N bzw. ihren verbliebenen Resten. Auch nach unendlich vielen Paarbildungen können die Restmengen von M und N immer noch Elemente enthalten. Dies hindert uns aber nicht daran, das Verfahren mit diesen nach unendlich vielen Schritten verbliebenen Restmengen fortzusetzen. Und dies tun wir solange, bis eine der beiden Mengen aufgebraucht ist. Die gebildeten Paare (x, y) bilden nun eine Injektion von M nach N, falls M aufgebraucht ist, oder ihre Umkehrungen (x, y)−1 = (y, x) bilden eine Injektion von N nach M, falls N aufgebraucht ist.

 Man kann nun obigen Beweis des Vergleichbarkeitssatzes als eine strenge mathematische Durchführung dieser Idee ansehen. Die Bildung von f* etwa beschreibt die Entfernung eines weiteren Paares, falls f alle bislang entfernten Paare bezeichnet. Die dritte Bedingung einer geschlossenen Menge beschreibt unser Fortfahren nach unendlich vielen Schritten, „im Limes“. T* ist dann schließlich die Menge all der Mengen von abgetragenen Paaren, die wir erhalten, wenn wir mit f 0 − etwa f 0 = ∅ − beginnen, von f jeweils zu f* übergehen, und im Limes jeweils die Vereinigung bilden. Der Beweis zeigt, dass wir dadurch irgendwann fertig werden: T* enthält ein Element f, zu dem kein f* mehr existiert, und f oder f −1 ist dann die gesuchte Injektion.

 Sehr viel direkter, transparenter und ebenso streng mathematisch kann der Algorithmus des Abtragens mit Hilfe der Ordinalzahlen durchgeführt werden, die wir im zweiten Abschnitt besprechen, und die in der Mengenlehre eine zentrale Rolle spielen. Die Ordinalzahlen erlauben uns, von den einzelnen Stufen des Abtragens zu sprechen: Es treten hierbei Nachfolgerstufen auf − die Stufe von f* ist die Nachfolgerstufe der Stufe von f − und daneben Limesstufen, die der Vereinigung der Stufen von unendlich vielen f entsprechen.

 Die Situation ist vergleichbar mit den beiden Beweisen des Äquivalenzsatzes von Bernstein und Zermelo. Der erste verläuft Schritt für Schritt, „von unten“, induktiv, der zweite über eine Schnittbildung „von oben“. Der obige strenge Beweis des Vergleichbarkeitssatzes ist nun ebenfalls ein Beweis „von oben“. Für eine rigorose Form des hier nur intuitiv geführten Beweises von unten haben wir an dieser Stelle das notwendige Werkzeug, die Ordinalzahlen − oder genauer: die transfiniten Zahlen −, nicht zur Verfügung.

 Die Unterschiede der beiden Beweistypen „von unten“ und „von oben“ kann man beschreiben mit den beiden Möglichkeiten einen Koffer für eine Reise zu packen:

1.  Man nimmt alles mit, was man braucht („von unten“ ).

2.  Man lässt alles da, was man nicht braucht („von oben“ ).

Die zweite Möglichkeit ist legitim, aber doch etwas verschroben.

 An dieser Stelle würde sich eine informelle Diskussion der Ordinalzahlen oder transfiniten Zahlen und des Zählens über die natürlichen Zahlen hinaus anbieten. Wir bleiben jedoch dem Thema Größe dieser Einführung treu, und besprechen das Thema Ordnung dann im zweiten Abschnitt.