Die Multiplikation von Ordnungstypen

 Die Multiplikation von natürlichen Zahlen kann man sich durch Rechtecke veranschaulichen. Auch für beliebige lineare Ordnungen kann nun eine natürliche Multiplikation mit Hilfe des kartesischen Produkts definiert werden.

Definition (Multiplikation zweier linearer Ordnungen)

Seien 〈 M, < 〉 und 〈 N, < 〉 lineare Ordnungen. Dann ist das Produkt 〈 P, < 〉 von 〈 M, < 〉 und 〈 N, < 〉, in Zeichen

〈 P, < 〉  =  〈 M, < 〉 · 〈 N, < 〉

definiert durch:

P = M × N,

(a1, b1)  <  (a2, b2)falls

b1 < b2oder
b1 = b2 und a1 < a2für (a1, b1), (a2, b2)  ∈  P.
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 In der Skizze sei M von links nach rechts und N von unten nach oben geordnet. Dann kann man die Ordnung auf M × N wie folgt beschreiben: Punkte auf höher liegenden Zeilen sind immer größer als Punkte auf niedrigeren Zeilen. Innerhalb jeder Zeile werden die Punkte gemäß M geordnet.

 Eine andere Möglichkeit, sich die Produktordnung auf M × N vorzustellen, ist die folgende: Für jedes Element von N setzen wir eine Kopie der Ordnung 〈 M, < 〉 ein. Elemente werden also zu Ordnungen; die neue Menge wird mit der Priorität der Einsetzstelle und innerhalb einer Einsetzung gemäß M geordnet:

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 Anders: Wir betrachten alle Punkte von N durch ein Mikroskop, und lösen dadurch jeden Punkt in eine zu M ähnliche Ordnung auf.

Cantor (1895):

„Aus zwei geordneten Mengen M und N mit den Typen α und β lässt sich eine geordnete Menge S dadurch herstellen, dass in N an die Stelle jedes Elementes n eine geordnete Menge Mn substituiert wird, welche denselben Typus α wie M hat … , und dass über die Rangordnung in S … folgende Bestimmungen getroffen werden:

 1) je zwei Elemente von S, welche einer und derselben Menge Mn angehören, behalten in S dieselbe Rangbeziehung wie in Mn.

 2) je zwei Elemente von S, welche zwei verschiedenen Mengen Mn1 und Mn2 angehören, erhalten in S die Rangbeziehung, welche n1 und n2 in N haben.“

 Eine wichtige Beobachtung ist, dass Produkte aus der Klasse der Wohlordnungen nicht herausführen:

Übung

Das Produkt zweier Wohlordnungen ist eine Wohlordnung.

 Die Multiplikation für Ordnungstypen ist nun analog zur Addition definiert:

Definition (Multiplikation zweier Ordnungstypen)

Seien α, β Ordnungstypen.

Dann ist das Produkt von α und β, in Zeichen α · β, definiert durch:

α · β  =  o. t.(〈 M, < 〉 · 〈 N, < 〉),

wobei 〈 M, < 〉 und 〈 N, < 〉 zwei Ordnungen sind mit

α  =  o. t.(〈 M, < 〉), β  =  o. t.(〈 N, < 〉).

 Wieder hängt diese Definition nicht von der Wahl von 〈 M, < 〉 und 〈 N, < 〉 ab.

Übung

(i)

Seien α, β von 0 verschiedene Ordnungstypen. Dann ist α · β genau dann eine Ordinalzahl, falls α und β Ordinalzahlen sind.

(ii)

Es gilt α · (β + γ) = α · β + α · γ  für alle Ordnungstypen α, β, γ.

(iii)

Im Allgemeinen ist (α + β) · γ = α · γ + β · γ  falsch.

(iv)

Es gilt α · (β · γ) = (α · β) · γ  für alle Ordnungstypen α, β, γ.

 Insbesondere haben wir: ω · 2 = ω + ω, 2 · ω = ω. Die Multiplikation ist also wie die Addition nicht mehr kommutativ. Wegen der Assoziativität können wir wieder Klammern in Produkten weglassen. Wir schreiben auch α β für α · β.