Stationäre Mengen
Eine natürliche Frage für jedes reguläre κ ≥ ω1 ist: Ist jede Menge X ⊆ W(κ) entweder in 𝒞κ oder in ℐκ? Mit anderen Worten: Ist 𝒞κ ein Ultrafilter? Für den Fall κ = ω2 ist die Frage leicht zu verneinen:
Übung
Sei S0 = { α < ω2 | cf (α) = ω } und S1 = { α < ω2 | cf (α) = ω1 }. Zeigen Sie:
S0, S1 ∉ 𝒞ω2 ∪ ℐω2.
[Ist C club in ω2, so ist C ∩ S0 ≠ ∅ und C ∩ S1 ≠ ∅.]
Allgemein gilt: Sind ω ≤ μ < κ regulär, so ist
Sμ = { α < κ | cf (α) = μ } ∉ 𝒞κ ∪ ℐκ.
Definition (stationär)
Sei κ ≥ ω1 regulär, und sei S ⊆ W(κ). S heißt:
(i) | stationär, falls S ∉ ℐκ, |
(ii) | kostationär, falls W(κ) − S stationär ist, |
(iii) | stationär-kostationär, falls S stationär und kostationär ist. |
Wir setzen:
𝒮κ = { X ⊆ W(κ) | X ist stationär-kostationär } = ℘(W(κ)) − (𝒞κ ∪ ℐκ).
Die stationär-kostationären Mengen sind gerade die Mengen, die weder club-groß noch club-klein sind. Die Mengen S0, S1 ⊆ W(ω2) aus der obigen Übung sind Beispiele für Mengen in 𝒮ω2. Sie sind nicht „club-messbar“.
Ganz ℘(W(κ)) zerfällt, wie einst Gallien bei Cäsar, in drei Teile, nämlich in die paarweise disjunkten Systeme 𝒞κ, ℐκ, 𝒮κ.
Den Begriff der stationären Menge hat Mahlo untersucht (1911), die Bezeichnung „stationär“ stammt von Gérard Bloch (1953). Die Wortwahl ist motiviert durch die folgenden Fakten, die ständig gebraucht werden:
Übung
Sei κ ≥ ω1 regulär, und sei S ⊆ W(κ). Dann sind äquivalent:
(i) | S ist stationär in κ. |
(ii) | S ∩ C ≠ ∅ für jede club-Menge C in κ. |
Übung
Seien κ ≥ ω1 regulär, C ∈ 𝒞κ und S stationär in κ. Dann ist C ∩ S stationär in κ.
Wir werden unten zeigen, dass 𝒮κ stets sehr reich ist. Bislang haben wir noch nicht ausgeschlossen, dass 𝒮ω1 = ∅. Zuvor besprechen wir noch eine erstaunliche Konsequenz der Abgeschlossenheit von club-Mengen unter diagonalen Schnitten: Regressive Funktionen, die auf beträchtlichen Mengen definiert sind, sind auf beträchtlichen Mengen konstant.
Definition (regressive Funktionen)
Seien κ ≥ ω1 regulär, S ⊆ W(κ) und f : S → W(κ). f heißt regressiv auf S, falls f (α) < α für alle α ∈ S − { 0 } gilt.
Korollar (Satz von Fodor)
Sei κ > ω regulär, und sei S ⊆ W(κ) stationär. Weiter sei f : S → W(κ) regressiv auf S. Dann existiert ein σ < κ derart, dass { α ∈ S | f (α) = σ } stationär in κ ist.
Dieser Satz erscheint in [Fodor 1956], Vorstufen davon finden sich in [Alexandrov / Urysohn 1929].
Beweis
Ohne Einschränkung gilt 0 ∉ S. Annahme, ein σ < κ wie im Satz existiert nicht. Dann ist Aσ = f −1″ { σ } dünn für alle σ < κ und damit ist ∇σ < κ Aσ dünn. Wegen f regressiv ist aber Aσ ⊆ W(κ) − W(σ + 1) für alle σ < κ. Also ist
S = ⋃σ < κ Aσ = ∇σ < κ Aσ
dünn, im Widerspruch zu S stationär.
Es gibt also unterhalb der Diagonale keine streng monoton wachsenden Funktionen auf einer regulären Kardinalzahl κ ≥ ω1! Man vergleiche dies mit der Funktion f : ℕ − { 0 } → ℕ mit f (n) = n − 1.
Der Satz von Fodor ist im Grunde nur eine Umformulierung der Abgeschlossenheit von club-Mengen unter diagonalen Schnitten:
Übung
Sei κ ≥ ω1 regulär, und seien Cα ⊆ W(κ) club in κ für α < κ. Zeigen Sie mit Hilfe des Satzes von Fodor, dass ∆α < κ Cα club in κ ist.
[Andernfalls ist f mit f (α) = sup({ β < α | β ∈ Cα }) regressiv auf einer stationären Menge.]