Klassen

Definition (Klassen und die Konvention „Mengen sind Klassen“ )

(i)

Ist φ(x, y1, … , yn) eine Formel der Mengenlehre, und sind p1, … , pn Mengen, so heißt

{ x | φ(x, p1, … , pn) }

die zu φ gehörige Klasse (bzgl. p1, …, pn), gelesen:

„die Klasse aller (Mengen) x mit φ(x, p1, … , pn)“.

(ii)

Jede Menge y können wir wegen des Extensionalitätsaxioms als Klasse auffassen, indem wir y mit { x | x  ∈  y } identifizieren.

 Nach (ii) ist also jede Menge eine Klasse. Bei der Identifikation von y mit { x | x  ∈  y } wird die Formel φ(x, y) = x  ∈  y mit y als Parameter verwendet.

 Klassen bezeichnen wir in der Regel mit großen oder fettgedruckten Buchstaben A, A, B, B, … Die Bezeichnung erfolgt oft in der Form A = { x | φ(x) }.

Definition (das mengentheoretische Universum V)

Die Klasse V = { x | x = x } heißt die Allklasse oder das mengentheoretische Universum.

 Wir verwenden Klassen informell als Objekte, streng genommen ist eine Klasse aber nichts anderes als eine Formel der Mengenlehre (evtl. mit Parametern). Klassen sind in diesem Sinn lediglich gut manipulierbare Sprachobjekte, und es wäre unbequem, auf diesen Komfort zu verzichten. Eine Aussage, die Klassen enthält, steht als Mitteilung für einen „echten“ Satz der Sprache  der Mengenlehre (vgl. die Klassen- und -Formen von (α) − (δ) oben).

Definition (A = B, A ⊆ B für Klassen, echte Klassen)

Seien A = { x | φ(x) } , B = { x | ψ(x) } Klassen (aus Notationsgründen unterdrücken wir Parameter). Dann definieren wir:

(i)

A = B als die Formel  ∀x. φ(x)  ψ(x),

(ii)

A  ∈  B als die Formel  ∃x. x  ∈  B ∧ x = A,

(iii)

A ⊆ B als die Formel  ∀x. x  ∈  A  x  ∈  B,

(iv)

A ist eine Menge  als  A  ∈  V  (also als ∃x x = A),

(v)

A ist echte Klasse  als  A  ∉  V  (also als ¬ ∃x x = A).

 Sind A oder B Mengen, so stimmen diese Definitionen mit den alten überein. Insbesondere gilt dann für jede Menge x, dass x = { y | y  ∈  x }.

 Weiter haben wir für Mengen x und Klassen A = { y | φ(y) } die folgenden Auflösungen von Ausdrücken, die x und A enthalten:

x   ∈  A ist die Formel  φ(x),
x = A ist die Formel  ∀z. z  ∈  x  z  ∈  A,
A  ∈   x ist die Formel  ∃z. z  ∈  x ∧ z = A,
A ⊆ x ist die Formel  ∀y. y  ∈  A  y  ∈  x.

Schließlich vereinbaren wir wieder:

∀x  ∈  A φ ist die Formel ∀x. x  ∈  A  φ,

∃x  ∈  A φ ist die Formel ∃x. x  ∈  A ∧ φ.

 Die Antinomie von Russell und Zermelo wird, wie erwähnt, zum Satz der Mengenlehre: „R = { x | x  ∉  x } ist eine echte Klasse“. Ebenso ist V eine echte Klasse. Wir können die Antinomien der naiven Mengenlehre also interpretieren als: „Es gibt Mengen und echte Klassen.“

Übung

Seien A, B Klassen. Dann gilt:

(i)

A  ∈  B folgt A  ∈  V (d. h. eine Klasse hat nur Mengen als Elemente).

(ii)

Ist A eine echte Klasse und A ⊆ B, so ist B eine echte Klasse.

[Verwendung des Aussonderungsschemas.]