Aussagen mit Klassen und das Prinzip der Elimination
Ein Satz der Form „Sei A eine Klasse mit … Dann gilt … “ ist als ein Theoremschema anzusehen. So wie das Aussonderungsschema aus unendlich vielen Axiomen besteht − eines pro Formel −, besteht ein solches Theoremschema aus unendlich vielen Sätzen − je ein Satz pro Klasse/Formel. Analog ist ein Beweis eines Theoremschemas streng genommen ein Beweisschema. Ein Beweis von
„Zu einer Klasse A existiert genau eine Klasse B mit … “
zeigt uns:
(1) | wie wir aus der A definierenden Formel φ eine B definierende Formel ψ mit den gewünschten Eigenschaften konstruieren können (effektiv auf dem Papier), |
(2) | dass B = B′ gilt, falls B′ eine weitere durch ψ′ definierte Klasse mit den gewünschten Eigenschaften ist, d. h. der Beweis zeigt: Für alle x gilt: ψ(x) gdw ψ′(x). |
Setzt man in ein Theoremschema „Für alle Klassen A … “ speziell φ = x ∈ y ein, d. h. bildet den Satz des Schemas für A = { x | x ∈ y } , so erhält man das Analogon des Schemas für Mengen. Die entsprechenden Sätze für Mengen werden also automatisch mitbewiesen.
Grundsätzlich gilt: Klassen lassen sich im Prinzip aus Definitionen und Theoremen immer entfernen, indem sie durch Formeln ersetzt werden. In der Praxis ist aber die Durchführung einer solchen Elimination nicht erforderlich und wäre wegen der suggestiven Stärke der Klassensprechweise auch nicht wünschenswert. Generell gilt: Keine Angst vor Klassen, auch nicht in ZFC.
Klassen in Rekursionen
Ein wichtiges Beispiel für eine Umwandlung von Formeln haben wir bereits im Allgemeinen Rekursionssatz kennengelernt: Für jede Funktion F : V → V existiert genau eine Funktion G auf den Ordinalzahlen mit G(α) = F(G|W(α)) für alle Ordinalzahlen α. Ist φ(x, y) die definierende Formel von F, so können wir die definierende Formel ψ(α, x) von G aus dem Beweis des Rekursionssatzes ablesen. Sie lautet:
ψ(α, x) = „es gibt eine Funktion g : W(α + 1) → V mit | φ(g|W(β), g(β)) für alle β ≤ α, und es gilt x = g(α)“. |
ψ ist eine ℒ-Formel. Der Beweis des Rekursionssatzes zeigt, dass diese Formel ψ eine Funktion G definiert, d. h. der Beweis zeigt: ∀α ∃! x ψ(α, x), wobei ∀α = „für alle Ordinalzahlen α“. Weiter zeigt der Beweis, dass jede andere G definierende Formel zu ψ äquivalent ist.
In dieser Weise ist dann etwa x ∈ Vα eine ℒ-Formel, mit der üblichen rekursiven Definition der Vα-Hierarchie. Wir müssen solche Formeln nicht ausschreiben, aber im Prinzip könnten wir es tun. Wichtig ist, dass uns ZFC erlaubt, rekursive Definitionen über echte Klassen, etwa über alle Ordinalzahlen, durchzuführen. Dabei wird eine funktionale Klasse in eine andere übergeführt, und wir haben dann Zugriff auf die rekursiv definierten Objekte: Ganz so, wie wir für jedes α die Menge { α } betrachten können, können wir für jedes α die Menge Vα betrachten und damit arbeiten. Die resultierende Definition von Vα wollen wir als ein letztes konkretes Beispiel der Auflösung einer Rekursion noch einmal explizit ausschreiben:
Vα = „das eindeutige x mit:
es gibt eine Funktion g : W(α + 1) → V mit: | |
g(0) = ∅, | |
g(β + 1) = ℘(g(β)) für alle β < α, | |
g(λ) = ⋃β < λ g(β) für alle Limiten λ ≤ α, | |
x = g(α).“ |
Der Ausdruck: „z = ‚das eindeutige x mit ψ(x)‘“ meint zunächst, dass wir die Aussage ∃! x ψ(x) beweisen können. In der weiteren Verwendung von z in Formeln ist dann „z = u“ oder „u = z“ identisch mit ψ(u), „u ∈ z“ identisch mit ∃x. ψ(x) ∧ u ∈ x, und schließlich „z ∈ u“ identisch mit ∃x. ψ(x) ∧ x ∈ u. In dieser und keiner anderen Weise taucht dann etwa Vα in einer Formel auf, so etwa in: „für alle Ordinalzahlen α gilt α ⊆ Vα“, nach ∈ -Auflösung der Abkürzung α ⊆ Vα. Nachdem man sich diese Dinge einmal klar gemacht hat, kann man dann mit diesem stillen Hintergrundwissen mit den in der Mengenlehre sehr häufig rekursiv definierten Objekten so v frei umgehen wie mit allen anderen Objekten.