7.Iteriertes Forcing

Wir wollen nun die Erzwingungsmethode iteriert anwenden, indem wir generische Erweiterungen von generischen Erweiterungen bilden. Allgemein betrachten wir transfinite Folgen von Modellen, in denen jedes Nachfolgermodell eine generische Erweiterung seines Vorgängers ist, während jedes Limesmodell in bestimmter Weise aus allen seinen Vorgängern amalgamiert wird. Unser Hauptziel ist dabei die Konstruktion einer Forcing-Erweiterung eines Grundmodells, in der die Suslin-Hypothese erfüllt ist.

 Wir arbeiten wieder mit partiellen Ordnungen und abzählbaren transitiven Grundmodellen, sodass dieses Kapitel unmittelbar im Anschluss an das fünfte Kapitel gelesen werden kann. Wir übernehmen die dortigen Konventionen und Bezeichnungen. Zudem schreiben wir im Folgenden ⊩P φ statt 1P ⊩ φ.

Erweiterungen in zwei Schritten

 Wir betrachten zunächst zweistufige Erweiterungen, also Forcing-Modelle der Form M[ G ][ H ] = (M[ G ])[ H ]. Hier ist G ein M-generischer Filter auf einer Bedingungsmenge P  ∈  M, und H ein M[ G ]-generischer Filter auf einer Bedingungsmenge Q  ∈  M[ G ]. Im Unterschied zum Produktforcing kann also die für die zweite Erweiterung benutzte Bedingungsmenge Q eine beliebige partielle Ordnung in der ersten Erweiterung M[ G ] sein, muss also nicht mehr bereits im Ausgangsmodell M vorhanden sein. Aufgrund des Definierbarkeitslemmas können wir aber, wie wir zeigen werden, diese zweistufige Erweiterung dennoch durch eine Bedingungsmenge R im Grundmodell beschreiben, d. h. M[ G ][ H ] ist von der Form M[ K ] für einen M-generischen Filter K auf einer gewissen Bedingungsmenge R  ∈  M, die mit Hilfe von P und einem Namen für Q  ∈  M[ G ] definiert wird. Von der Warte der reinen Möglichkeiten aus betrachtet liefern also zweistufige Erweiterungen nichts Neues, da sie letztendlich doch einstufige Erweiterungen sind, und das Gleiche gilt auch für die transfiniten Erweiterungen. Die Darstellung M[ K ] und die Definition der Bedingungsmenge R ist allerdings etwas technisch, und für die Intuition ist das Denken in mehreren Schritten unverzichtbar. Zur Konstruktion von Modellen lässt sich die iterierte Erzwingungsmethode dann insgesamt wieder einfach so durchführen, indem man angibt, mit welchen partiellen Ordnungen in welcher Stufe der Erweiterung man operieren möchte.

 Wir definieren nun die Bedingungsmengen in M, die die allgemeinen zweistufigen Iterationen einfangen.

Definition (das Stern-Produkt P ∗ Q)

Sei Q  ∈  M mit ⊩P „Q ist eine Bedingungsmenge“. Weiter sei

A  =  { (p, q) | p  ∈  P, q  ∈  M, p ⊩ q  ∈  Q }.

Auf der M-Klasse A definieren wir eine Äquivalenzrelation ∼ durch

(p, q)  ∼  (p′, q′),  falls  p = p′ und p ⊩ q = q′.

Sei λ  ∈  M ein Limes derart, dass P, Q  ∈  Vλ ∩ M. Wir setzen dann:

P ∗ Q  =  { (p, q)/∼ ∩ Vλ | p  ∈  P, q  ∈  M }.

Wir schreiben kurz (p, q) statt (p, q)/∼ ∩ Vλ, und ordnen P ∗ Q durch

(p1, q1)  ≤  (p2, q2)falls  p1 ≤ p2  und  p1 ⊩ q1 ≤ q2.

Bemerkung

In der Literatur wird die Produktbildung häufig in der Form P ∗ Q̋ anstelle von P ∗ Q notiert. Hier gilt dann ⊩ „Q̋ ist eine partielle Ordnung“ und die Elemente von P ∗ Q̋ sind von der Form (p, ̋q) mit p ⊩ ̋q  ∈  Q̋. Ist weiter G ein M-generischer Filter auf P, so ist dann oft automatisch Q = iG(Q̋) die verwendete Bedingungsmenge in M[ G ] (während in unserer Notation iG(Q) diese Bedingungsmenge ist). Beide Notationen haben ihre Vorteile. Die „P ∗ Q̋“-Schreibweise ist sicher suggestiv, und in obiger informalen Motivation hatten wir die zweite Bedingungsmenge in M[ G ] auch Q genannt, während in obiger Definition Q ein Name für eine Bedingungsmenge ist. Streng genommen geht der Namens-Schreibweise ̋x aber die Wahl eines generischen Filters voraus, und auch deswegen verwenden wir die Notation P ∗ Q. Sie ist zudem notationell etwas einfacher.

 Das Produkt P ∗ Q ist eine Bedingungsmenge in M. Die Wahl der Ordninalzahl λ ist motiviert durch folgende Überlegung:

Übung

Jede Äquivalenzklasse von ∼ besitzt einen Repräsentanten (p, q) mit q  ∈  M(P × t. c.(Q)).

 Wir ignorieren im Folgenden die technischen Details im Zusammenhang mit der Definition von P ∗ Q.

 Als Nächstes definieren wir das zugehörige Produkt von Filtern.

Definition (G ∗ H)

Sei Q  ∈  M mit ⊩P „Q ist eine Bedingungsmenge“. Weiter sei G ein M-generischer Filter auf P, und sei H ⊆ iG(Q). Wir setzen dann:

G ∗ H  =  { (p, q) | p  ∈  G, iG(q)  ∈  H }.

 Es gilt nun der folgende Produktsatz:

Satz (Produktsatz)

Sei Q  ∈  M mit ⊩P „Q ist eine Bedingungsmenge“. Dann gilt:

(a)

Sei G ein M-generischer Filter auf P, und sei H ein M[ G ]-generischer Filter auf iG(Q). Dann ist G ∗ H ein M-generischer Filter auf P ∗ Q. Weiter gilt M[ G ∗ H ] = M[ G ][ H ].

(b)

Sei K ein M-generischer Filter auf P ∗ Q. Seien

G  =  pr1(K)  =  { p  ∈  P | es gibt ein q  ∈  Q mit (p, q)  ∈  K },

H  =  iG″pr2(K)  =  { iG(q) | es gibt ein p  ∈  P mit (p, q)  ∈  K }.

Dann ist G ein M-generischer Filter auf P und H ist ein M[ G ]-generischer Filter auf iG(Q). Weiter gilt K = G ∗ H und M[ K ] = M[ G ][ H ].

Beweis

zu (a): 

Wir zeigen zunächst:

(+)  G ∗ H ist ein Filter auf P ∗ Q.

Beweis von (+)

Sei (p1, q1)  ∈  G ∗ H, und sei (p2, q2)  ∈  P ∗ Q mit (p1, q1) ≤ (p2, q2). Dann gilt p1 ≤ p2, also p2  ∈  G. Weiter gilt p ⊩ q1 ≤ q2 und wegen p  ∈  G also iG(q1) ≤ iG(q2). Wegen (p1, q1)  ∈  G ∗ H ist iG(q1)  ∈  H, und wegen H Filter und iG(q1) ≤ iG(q2) ist dann auch iG(q2)  ∈  H. Insgesamt ist also p2  ∈  G und iG(q2)  ∈  H, also (p2, q2)  ∈  G ∗ H.

Seien nun (p1, q1), (p2, q2)  ∈  G ∗ H. Dann sind p1, p2  ∈  G, also gibt es ein p3  ∈  G mit p3 ≤ p1, p2. Analog finden wir wegen H Filter und iG(q1), iG(q2)  ∈  H ein q3  ∈  Q mit

(α)

iG(q3)  ≤  iG(q1), iG(q2)

(β)

iG(q3)  ∈  H

Dann gibt es aber ein p4  ∈  G mit p4 ≤ p3 und

p4 ⊩ q3 ≤ q1, q2.

Also ist (p4, q3)  ∈  G ∗ H und (p4, q3) ≤ (p1, q1), (p2, q2).

Wir zeigen nun, dass der Filter G ∗ H M-generisch auf der Bedingungsmenge P ∗ Q ist. Sei hierzu D  ∈  M eine dichte Teilmenge von P ∗ Q. Wir setzen:

E  =  iG″ pr2(D)  =  { iG(q) | es gibt ein p  ∈  G mit (p, q)  ∈  D }.

Dann ist E  ∈  M[ G ] und es gilt:

(++)  E ist eine dichte Teilmenge von iG(Q).

Beweis von (++)

Sei iG(q)  ∈  iG(Q) beliebig. Sei

Dq  =  { p  ∈  P | es gibt ein q′  ∈  Q mit (p, q′)  ∈  D und p ⊩ q′ ≤ q }.

Dann ist Dq  ∈  M dicht in P: Denn sei p  ∈  P beliebig. Wegen D dicht in P ∗ Q gibt es ein (p′, q′)  ∈  D mit (p′, q′) ≤ (p, q). Dann ist p′ ≤ p und p′ ⊩ q′ ≤ q. Also ist p′  ∈  Dq und p′ ≤ p. Wegen G M-generisch existiert also ein p  ∈  G ∩ Dq. Nach Definition von Dq gibt es dann aber ein q′  ∈  Q mit (p, q′)  ∈  D und p ⊩ q′ ≤ q. Dann ist aber iG(q′)  ∈  E und iG(q′) ≤ iG(q).

Wegen G ∗ H  ∈  M[ G ][ H ] ist M[ G ∗ H ] ⊆ M[ G ][ H ]. Umgekehrt ist G  ∈  M[ G ∗ H ], also M[ G ] ⊆ M[ G ∗ H ]. Wegen H  ∈  M[ G ∗ H ] ist dann aber auch M[ G ][ H ] ⊆ M[ G ∗ H ]. Insgesamt erhalten wir also M[ G ∗ H ] = M[ G ∗ H ].

zu (b):

Man zeigt ohne Mühe, dass G ein Filter auf P ist. Sei also D  ∈  M eine dichte Teilmenge von P. Dann ist

D′  =  { (p, q)  ∈  P ∗ Q | p  ∈  D }  ∈  M

dicht in P ∗ Q. Sei also (p, q)  ∈  D′ ∩ K. Dann ist p  ∈  D ∩ G. Also ist G ein M-generischer Filter auf P.

Es ist wieder leicht zu sehen, dass H ein Filter auf iG(Q) ist. Sei also iG(E) eine dichte Teilmenge von iG(Q). Ohne Einschränkung gilt ⊩ „E ist dicht in Q“. Wir setzen:

D  =  { (p, q)  ∈  P ∗ Q | p ⊩ q  ∈  E }.

Dann ist D  ∈  M und es gilt:

(+++)  D ist dicht in P ∗ Q.

Beweis von (+++)

Sei (p, q)  ∈  P ∗ Q beliebig. Es gilt p  ∈  P und p ⊩ q  ∈  Q. Wegen p ⊩ „E ist dicht in Q“ gilt

p ⊩ „es gibt ein q′ ≤ q mit q′  ∈  E“.

Nach dem Maximumsprinzip existiert dann aber ein q′  ∈  M mit p ⊩ „q′ ≤ q und q′  ∈  E“. Ohne Einschränkung ist q′  ∈  Q. Dann ist (p, q′) ≤ (p, q) und (p, q′)  ∈  D.

Nach (+++) existiert ein (p, q)  ∈  D ∩ K. Wegen (p, q)  ∈  K ist p  ∈  G und iG(q)  ∈  H. Wegen (p, q)  ∈  D gilt p ⊩ q  ∈  E und wegen p  ∈  G gilt dann also iG(q)  ∈  iG(E). Also ist iG(q)  ∈  iG(E) ∩ H.

Wir zeigen schließlich noch, dass K = G ∗ H gilt. Aus (a) folgt hieraus dann, dass M[ K ] = M[ G ][ H ].

zu K ⊆ G ∗ H:

Ist (p, q)  ∈  K, so ist p  ∈  G und iG(q)  ∈  H, also (p, q)  ∈  G ∗ H.

zu G ∗ H ⊆ K:

Sei (p, q)  ∈  G ∗ H. Wegen p  ∈  G existiert ein q′  ∈  Q mit (p, q′)  ∈  K. Weiter existiert wegen iG(q)  ∈  H ein p′  ∈  P mit (p′, q)  ∈  K. Da K ein Filter ist, gibt es ein (p1, q1)  ∈  K derart, dass

(p1, q1)  ≤  (p, q′), (p′, q).

Wegen (p1, q1) ≤ (p′, q) ist (p1, q1) ≤ (p1, q) nach Definition von ≤. Wegen (p1, q1) ≤ (p, q′) ist p1 ≤ p und somit auch (p1, q) ≤ (p, q). Also ist (p1, q1) ≤ (p1, q) ≤ (p, q), und damit ist (p, q)  ∈  K.

Übung

Sei Q  ∈  M mit ⊩P „Q ist eine Bedingungsmenge“. Zeigen Sie:

Es gibt in M definierbare funktionale Klassen σ und τ, sodass für alle a  ∈  M und alle G, H wie in (a) bzw. (b) gilt:

(i)

iG ∗ H(a)  =  iH(iG(σ(a)))

(ii)

iG(iH(a))  =  iG ∗ H(τ(a))

 Der Zusammenhang mit der einfacheren früheren Produktbildung ist der folgende:

Übung

Seien P, Q Bedingungsmengen in M. Dann ist P × Q isomorph zu einer dichten Teilmenge von P ∗ ^Q.

 In der Situation der Übung produzieren also die Bedingungsmengen P × Q und P ∗ ^Q dieselben generischen Erweiterungen des Grundmodells M. Die Voraussetzung „Q  ∈  M“ wird aber in der allgemeinen zweistufigen Erweiterung aufgegeben. Im Allgemeinen haben wir nun nur noch einen Namen für die zweite partielle Ordnung im Grundmodell und nicht mehr die Ordnung selber.

Erhalt der κ-Antikettenbedingung

 Wir untersuchen nun noch den Erhalt der Antikettenbedingung in zweistufigen Iterationen. Hier gilt:

Satz (Erhaltungssatz für die κ-Antikettenbedingung)

Sei κ eine reguläre überabzählbare Kardinalzahl in M. P erfülle die κ-Antikettenbedingung in M. Weiter sei Q  ∈  M mit

P „Q erfüllt die ^κ-Antikettenbedingung“.

Dann erfüllt P ∗ Q die κ-Antikettenbedingung in M.

Beweis

Wir arbeiten in M. Annahme, es gibt eine Antikette 〈 (pα, qα) | α < κ 〉 in P ∗ Q. Für alle α < β < κ gilt dann (!):

(+)  Für alle p ≤ pα, pβ gilt p ⊩ „qα und qβ sind inkompatibel in Q“.

Wir setzen:

x  =  { (^α, pα) | α < κ }.

Sei G ein M-generischer Filter auf P. Dann ist

iG(x)  =  { α < κ | pα  ∈  G }.

Weiter gilt:

(++)  Sind α, β  ∈  iG(x), α ≠ β, so sind iG(qα) und iG(qβ) inkompatibel in iG(Q).

Beweis von (++)

Denn sind α, β  ∈  iG(x), α ≠ β, so gilt pα, pβ  ∈  G und damit sind pα und pβ kompatibel. Wegen G M-generisch existiert weiter ein p ≤ pα, pβ mit p  ∈  G. Also folgt die Behauptung aus (+).

Wegen ⊩P „Q erfüllt die ^κ-Antikettenbedingung“ gilt also nach (++), dass |iG(x)| < κ in M[ G ]. Aber κ ist regulär in M[ G ], da κ regulär in M ist und P die κ-Antikettenbedingung erfüllt. Also gilt sup(x) < κ in M[ G ]. Da G ein beliebiger M-generischer Filter auf P ist, haben wir gezeigt:

(+++)  ⊩P sup(x)  <  ^κ.

Folglich ist

D  =  { p  ∈  P | es gibt ein α < κ mit p ⊩ strsup(x) = ^α }

dicht in P. Für p  ∈  D sei αp das eindeutige α < κ mit p ⊩ strsup(x) = ^αp. Sei A ⊆ D eine maximale Antikette in D. Dann gilt |A| < κ, da P die κ-Antikettenbedingung erfüllt, und damit ist α = sup({ αp | p  ∈  A }) < κ. Da A ∩ G ≠ ∅ für jeden M-generischen Filter G auf P gilt, haben wir gezeigt:

P strsup(x)  ≤  ^α.

Aber pα ⊩ ^α  ∈  x,  Widerspruch.

 Es gilt die folgende Umkehrung des Satzes:

Übung

P ∗ Q erfüllt die κ-Antikettenbedingung in M. Zeigen Sie:

(i)

P erfüllt die κ-Antikettenbedingung in M,

(ii)

P „Q erfüllt die ^κ-Antikettenbedingung“.

 Auch die κ-Abgeschlossenheit bleibt bei der Produktbildung erhalten:

Übung

Sei P κ-abgeschlossen in M. Weiter sei Q  ∈  M mit

P „Q ist eine ^κ-abgeschlossene Bedingungsmenge“.

Zeigen Sie, dass P ∗ Q κ-abgeschlossen ist.

Übung

Zeigen Sie analoge Aussagen für die Eigenschaften „κ-Knaster“ und „κ-distributiv“.

Transfinite Iterationen mit endlichem Träger

 Wir wollen nun auch transfinite Iterationen der Erzwingungsmethode betrachten. Die zweistufige Erweiterung liefert den Nachfolgerschritt einer transfiniten Konstruktion. Die folgende Definition beschreibt die einfachste Limesbildung.

Definition (iteriertes Forcing mit endlichem Träger)

Sei β  ∈  On ∩ M, β ≠ 0, und seien 〈 Pα | α ≤ β 〉, 〈 Qα, 1α | α < β 〉  ∈  M.

Die Folge 〈 Pα | α ≤ β 〉 heißt das durch 〈 Qα, 1α | α < β  〉 gegebene iterierte Forcing (mit endlichem Träger) der Länge β, falls in M für alle α < β gilt:

(a)

Pα = 〈 Pα, <α 〉 ist eine Bedingungsmenge, bestehend aus Folgen der Länge α. (Speziell ist also P0 = { ∅ }.)

(b)

Pα „Qα ist eine Bedingungsmenge mit größtem Element 1α“.

(c)

Pα + 1 ist isomorph zu Pα ∗ Qα durch die Abbildung π : Pα + 1  Pα ∗ Qα mit

π(p) = (p|α, p(α)) für alle p  ∈  Pα + 1.

(d)

Ist α ein Limes, so ist der Träger von Pα die Menge aller Folgen p  ∈  M der Länge α mit:

(i)

p|γ  ∈  Pγ   für alle γ < α.

(ii)

Der Träger supp(p) von p ist endlich, wobei

supp(p) = { γ < α | p(γ) ≠ 1γ }.

Zudem ist die Ordnung <α auf Pα definiert durch:

p <α q,  falls  ∃γ. γ > max(supp(p) ∪ supp(q))  ∧  p|γ <γ q|γ.

 Es gibt viele Möglichkeiten, den Limesschritt zu behandeln. In der Theorie des iterierten Forcings sind speziell die analog definierten Iterationen mit abzählbarem Träger von Interesse. Wir verweisen den Leser hierzu auf die Literatur. Für unsere Ziele genügen Iterationen mit endlichem Träger.

 Wir notieren die durch 〈 Qα, 1α | α < β 〉 gegebene Iteration 〈 Pα | α ≤ β 〉 auch kurz als 〈 Pα, Qα | α < β 〉, die Bedingungsmenge Pβ und die Elemente 1α  ∈  Qα für α < β unterdrückend. Weiter schreiben wir auch ⊩γ statt ⊩Pγ.

 Da P0 die triviale Bedingungsmenge ist, können wir Q0 problemlos als eine Bedingungsmenge in M auffassen. Dann gilt P1 = { 〈  q  〉 | q  ∈  Q0 }. Q0 ist also die partielle Ordnung in M, mit der wir die eigentliche Iteration beginnen. Allgemein kann eine Iteration durch eine Rekursion im Grundmodell M definiert werden. Im Rekursionsschritt α gibt man ein Qα an mit ⊩α „Qα ist eine Bedingungsmenge“. Im einfachsten Fall ist Qα dabei ein Name für eine in ZFC existierende partielle Ordnung. Wählen wir z. B. für Qα stets einen Namen für die Bedingungsmenge part(ω, 2), so fügt eine entsprechende β-Iteration β-viele Cohensche reelle Zahlen „nacheinander“ zum Grundmodell hinzu.

 Leicht einzusehen sind die folgenden Eigenschaften einer Iteration:

Lemma (elementare Eigenschaften der Iteration mit endlichem Träger)

Sei 〈 Pα, Qα | α < β 〉 ein iteriertes Forcing in M. Dann gilt:

(i)

Für alle α < β und p, q  ∈  Pα gilt:

p  ≤α  q  falls  ∀γ < α  p|γ ⊩γ p(γ) ≤Qγ q(γ).

(ii)

Für alle α < α′ < β und alle p  ∈  Pα, q  ∈  Pα′ gilt:

p  ≤α  q|α  impliziert  p ⁀ 〈  q(γ) | α ≤ γ < α′ 〉  ≤α′  q.

 Die Intuition der schrittweisen Erweiterung des Grundmodells wird unterstützt durch folgende Begriffsbildung:

Definition (generische Filter einer Iteration)

Sei 〈 Pα, Qα | α < β 〉 ein iteriertes Forcing in M, und sei G ein M-generischer Filter auf Pβ. Dann setzen wir für alle α ≤ β:

Gα  =  G|α  =  { p|α | p  ∈  G }.

 Wie zu erwarten gilt:

Übung

Zeigen Sie: Für alle α ≤ β ist Gα ein M-generischer Filter auf Pα.

[ Ist D ⊆ Pα dicht in Pα, so ist E = { p  ∈  Pβ | p|α  ∈  D } dicht in Pβ. ]

 Damit liefert ein M-generischer Filter auf Pβ also eine ⊆-aufsteigende Kette von Modellen:

M  =  M[ G0 ]  ⊆  …  ⊆  M[ Gα ]  ⊆  M[ Gα + 1 ]  ⊆  …  ⊆  M[ Gβ ]  =  M[ G ].

Hierbei ist M[ Gα + 1 ] = M[ Gα ][ H ] für einen M[ Gα ]-generischen Filter H auf der Bedingungsmenge iGα(Qα)  ∈  M [ Gα ]. Speziell ist H = { iGα(p(α)) | p  ∈  G } ein derartiger Filter nach dem Produktsatz (da Pα + 1 isomorph zu Pα ∗ Qα).

Die abzählbare Antikettenbedingung in transfiniten Iterationen

 Wir zeigen, dass die abzählbare Antikettenbedingung bei obigem Typ von transfiniten Iterationen erhalten bleibt. Das auf dem Δ-Lemma ruhende Argument motiviert die Verwendung von Bedingungen mit endlichem Träger.

Satz (Erhalt der abzählbaren Antikettenbedingung)

Sei 〈 Pα, Qα | α < β 〉 ein iteriertes Forcing in M. Für alle α < β gelte:

α Qα erfüllt die abzählbare Antikettenbedingung.

Dann erfüllt Pβ die abzählbare Antikettenbedingung.

Beweis

Wir zeigen die Behauptung durch Induktion über die Länge β der Iteration. Der Fall β = 0 ist trivial und der Nachfolgerschritt wird durch den oben bewiesenen Satz über den Erhalt der κ-Antikettenbedingung bei der Produktbildung abgedeckt.

Sei also β eine Limesordinalzahl, und sei A ⊆ Pβ mit |A| = ω1. Weiter sei E = { supp(p) | p  ∈  A }. Nach dem Δ-Lemma (für |E| = ω1) oder aus trivialen Gründen (für |E| = ω) existiert ein W ⊆ E mit |W| = ω1 und ein w ⊆ β mit

supp(p) ∩ supp(q)  =  w  für alle p, q  ∈  W mit p ≠ q.

Sei α < β derart, dass w ⊆ α. Nach I. V. ist { p|α | p  ∈  W } keine Antikette in Pα, also existieren p1 ≠ p2 in W derart, dass p1|α und p2|α kompatibel in Pα sind. Sei also r  ∈  Pα mit r ≤α p1|α, p2|α. Wir definieren p  ∈  Pβ durch:

p(γ)=r(γ)falls γsupp(r)p1(γ)falls γsupp(p1)wp2(γ)falls γsupp(p2)w1γsonst.

Dann gilt p ≤β p1, p2. Also ist A keine Antikette in Pβ.

 Konstruieren wir also eine transfinite Iteration so, dass jede verwendete Bedingungsmenge die abzählbare Antikettenbedingung erfüllt, so bleiben alle Kardinalzahlen und Konfinalitäten des Grundmodells erhalten.

Martins Axiom und Suslin-Hypothese

 In L ist die Suslin-Hypothese falsch, und auch mit Hilfe der einstufigen Erzwingungsmethode konnten wir bislang kein Modell konstruieren, in dem die Suslin-Hypothese erfüllt ist. Die Methode des transfinit oft iterierten Forcings erlaubt uns nun aber, Modelle von (SH) zu konstruieren. Ein Ansatz ist hier, durch iteriertes Hinzufügen generischer Zweige jeden Suslin-Baum zu zerstören. Gegeben einen Suslin-Baum T in M fügen wir durch ein geeignetes Forcing einen ωM1-Zweig von T zu M hinzu. In M[ G ] ist dann T kein Suslin-Baum mehr. In M[ G ] können aber weiterhin Suslin-Bäume existieren, und deswegen müssen wir das Verfahren iterieren. Wir werden hier aber einen etwas anderen Weg gehen und durch iteriertes Forcing ein starkes und vielseitig verwendbares kombinatorisches Prinzip erzwingen, das die Suslin-Hypothese direkt impliziert. Dieses Prinzip wird durch die folgende für die Erzwingungsmethode sehr natürliche Frage motiviert:

Für welche P und welche 𝒜 existiert (in V) ein 𝒜-generischer Filter auf P?

Wir hatten gesehen, dass für alle abzählbaren Mengensysteme 𝒜 ein 𝒜-generischer Filter auf P existiert. Andererseits existiert kein V-generischer Filter auf der zentralen Bedingungsmenge part(ω, 2): Ist 𝒜 = { D ⊆ P | D dicht in P }, so existiert kein 𝒜-generischer Filter G auf P. In diesem Fall gilt |𝒜| = 2ω und P erfüllt die abzählbare Antikettenbedingung. Wir betrachten nun das folgende Prinzip, das die Existenz von 𝒜-generischen Filtern für schlanke Bedingungsmengen und Systeme 𝒜 fordert, deren Kardinalität unterhalb von 2ω liegt:

Martins Axiom (MA)

Sei P eine Bedingungsmenge, die die abzählbare Antikettenbedingung erfüllt. Weiter sei 𝒜 eine Menge mit |𝒜| < 2ω. Dann existiert ein 𝒜-generischer Filter auf P.

 Die Forderung, dass P die abzählbare Antikettenbedingung erfüllt, ist zwar aufgrund der Wichtigkeit dieser Bedingung in der Erzwingungstheorie nicht überraschend, sie wirkt aber dennoch etwas willkürlich, und man wird nach allgemeinen „guten“ Bedingungsmengen P fragen. Irgendeine Voraussetzung an P ist aber auch unter der Forderung |𝒜| < 2ω notwendig. So kann zum Beispiel für die Bedingungsmenge part(ω, ω1), die ω1 auf ω kollabiert, kein 𝒜-generischer Filter existieren für 𝒜 = { Dα | α < ω1 } mit Dα = { p | α  ∈  rng(p) } für alle α < ω1. Wir werden unten Verstärkungen von Martins Axiom diskutieren, bei denen die Antikettenbedingung abgeschwächt wird. Diese Verstärkungen sind dann aber nur mit Hilfe von großen Kardinalzahlen realisierbar, während ZFC für Martins Axiom genügt.

 Gilt die Kontinuumshypothese, so ist (MA) eine beweisbare Aussage. Interessanter ist die Kombination ¬(CH) + (MA). Wir werden unten durch iteriertes Forcing ein Modell konstruieren, in welchem 2ω = ω2 und (MA) gilt. Die Grundidee ist hier, alle durch das Prinzip betroffenen Bedingungsmengen P und Systeme 𝒜 zu durchlaufen und entsprechende 𝒜-generische Filter hinzuzufügen. Hierbei zeigt sich, dass wir weitaus weniger partielle Ordnungen betrachten müssen, als wir vielleicht vermuten würden. Hierzu definieren wir folgende scheinbar schwächere Variante des Prinzips:

Martins Axiom für kleine Bedingungsmengen (MA*)

Sei P eine Bedingungsmenge mit |P| < 2ω, die die abzählbare Antikettenbedingung erfüllt. Weiter sei 𝒜 eine Menge mit |𝒜| < 2ω. Dann existiert ein 𝒜-generischer Filter auf P.

 Es gilt nun:

Satz ((MA) und (MA*))

(MA) und (MA*) sind äquivalent.

Beweis

Offenbar folgt (MA*) aus (MA). Für die umgekehrte Implikation sei P eine Bedingungsmenge, die die abzählbare Antikettenbedingung erfüllt, und es sei 𝒜 eine Menge von dichten Teilmengen von P mit |𝒜| < 2ω. Für alle D  ∈  𝒜 sei

AD  =  „eine maximale Antikette in D“.

Dann ist AD abzählbar für alle D  ∈  𝒜. Durch einen Abschlussprozess der Länge ω finden wir ein P* ⊆ P mit:

(i)

AD  ⊆  P*  für alle D  ∈  𝒜,

(ii)

für alle p, q  ∈  P* mit p ‖ q existiert ein r  ∈  P* mit r ≤ p, q,

(iii)

|P*| < 2ω.

Wir setzen nun:

D*  =  { p  ∈  P* | es gibt ein q  ∈  AD mit p ≤ p }  für alle D  ∈  𝒜,

𝒜*  =  { D* | D  ∈  𝒜 }.

Nach (MA*) existiert ein 𝒜*-generischer Filter G* auf P*. Wir setzen

G  =  { p  ∈  P | es gibt ein q  ∈  G* mit q ≤ p }.

Dann ist G ein 𝒜-generischer Filter auf P.

 Zur feineren Abstufung definieren wir schließlich noch:

Martins Axiom für Kardinalzahlen (MAκ)

Sei κ eine unendliche Kardinalzahl. Sei P eine Bedingungsmenge, die die abzählbare Antikettenbedingung erfüllt. Sei 𝒜 eine Menge mit |𝒜| ≤ κ. Dann existiert ein 𝒜-generischer Filter auf P.

 Die Bedingungsmenge part(ω, 2) zeigt, dass (MA2ω) inkonsistent ist. Gilt also (MAκ), so ist 2ω > κ. Martins Axiom ist äquivalent zu „(MAκ) für alle κ < 2ω“. Gilt 2ω = ω2, so ist (MA) äquivalent zu (MAω1). Unabhängig von kardinalzahlarithmetischen Voraussetzungen gilt die folgende Implikation:

Satz (Martins Axiom und Suslin-Hypothese)

(MAω1) impliziert (SH).

Beweis

Wir zeigen, dass kein Suslin-Baum existiert. Hierzu genügt es zu zeigen, dass kein normaler Suslin-Baum existiert. Sei also 〈 T, <T 〉 ein normaler Baum der Höhe ω1, der nur abzählbare Antiketten im Sinne des Antikettenbegriffs für Bäume besitzt. Wir betrachten die gestürzte Baumordnung, d. h. wir setzen

s  <  t,  falls  t  <T  s   für alle s, t  ∈  T.

Dann erfüllt 〈 T, < 〉 die abzählbare Antikettenbedingung im Sinne des Antikettenbegriffs für Bedingungsmengen. Für α < ω1 sei nun:

Dα  =  { t  ∈  T | o. t.T(t)  ≥  α }.

Aufgrund der Normalität von T normal ist Dα dicht in 〈 T, < 〉 für alle α < ω1. Wegen (MAω1) gibt es also einen Filter G ⊆ T mit G ∩ Dα ≠ ∅ für alle α < ω1. Dann ist aber G ein überabzählbarer Zweig des Baumes 〈 T, <T 〉.

 Bevor wir nun (MA) + ¬(CH) erzwingen, studieren wir die Konsequenzen von Martins Axiom noch etwas genauer. Das Prinzip bestimmt zwar den Wert von 2ω nicht, löst aber, wie der folgende Satz von Solovay und Martin zeigt, die kardinalzahlarithmetischen Fragen unterhalb von 2ω:

Satz (kardinalzahlarithmetische Konsequenzen von (MA))

Es gelte (MA). Dann gilt 2κ = 2ω für alle ω ≤ κ < 2ω. Insbesondere ist cf (2ω) = 2κ > κ für alle κ < 2ω, also ist 2κ regulär.

Beweis

Sei κ < 2ω. Seien xα, α < κ, fast disjunkte Teilmengen von ω. Wir definieren s : (ω)  (κ) durch

s(x)  =  { α < κ | x ∩ xα ist unendlich }  für alle x ⊆ ω.

Wir zeigen, dass s surjektiv ist. Sei hierzu y ⊆ κ beliebig. Wir setzen:

Py  =  { p  ∈  part≤ ω(ω, 2) | dom(p) ∩ xα ist endlich für alle α  ∈  y,
p(n) = 1 für höchstens endlich viele n  ∈  ω }.

Dann erfüllt Py die abzählbare Antikettenbedingung, da für je zwei inkompatible p, q  ∈  Py die endlichen Mengen { n  ∈  dom(p) | p(n) = 1 } und { n  ∈  dom(q) | q(n) = 1 } verschieden sind.

Wir setzen nun:

Dα =  { p  ∈  Py | xα ⊆ dom(p) } für alle α  ∈  κ − y
Eα, k =  { p  ∈  Py | p(n) = 1 für mindestens k-viele n  ∈  xα } für alle α  ∈  y, k  ∈  ω

Dann sind alle Dα und alle Eα, k dicht in Py (!). Nach (MA) existiert also ein Filter G auf Py, der alle Dα und Eα, k nichtleer schneidet. Sei

x  =  { n  ∈  ω | es gibt ein p  ∈  G mit n  ∈  dom(p) und p(n) = 1 }.

Dann gilt

y  =  { α < κ | x ∩ xα ist unendlich }.

Denn ist α  ∈  y, so ist x ∩ xα unendlich, da G ∩ Eα, k ≠ ∅ für alle k  ∈  ω. Ist α  ∈  κ − y, so ist x ∩ xα endlich, denn es gibt ein p  ∈  G mit xα ⊆ dom(p) und wegen p  ∈  Py ist p(n) = 1 für höchstens endlich viele n  ∈  xα.

Also ist y = s(x). Dies zeigt, dass s : (ω)  (κ) surjektiv ist.

 Unter (MA) sind also Werte wie zum Beispiel 2ω = ω1 ausgeschlossen. Wir werden unten aber zeigen, dass für jede reguläre überabzählbare Kardinalzahl κ die Kombination „(MA) + 2ω = κ“ konsistent relativ zu ZFC ist, und damit ist also die Regularität von 2ω die optimale Folgerung aus (MA).

 Eine weitere interessante Konsequenz ist:

Übung

Es gelte (MAω1). Sei P eine Bedingungsmenge, die die abzählbare Antikettenbedingung erfüllt. Dann ist P ω1-Knaster.

[ Sei W = { pα | α < ω1 } ⊆ P mit pα ≠ pβ für α ≠ β. Weiter sei q*  ∈  P derart, dass für alle q mit q ≤ q* gilt:

|{ α < ω1 | pα ‖ q }|  =  ω1.

Ein solches q* existiert, da P die abzählbare Antikettenbedingung erfüllt. Wir betrachten nun

Dα  =  { q ≤ q* | ∃β ≥ α q ≤ pβ } für α < ω1. ]

 Insbesondere erfüllt also unter (MA) das Produkt P × Q zweier Bedingungsmengen, die jeweils die abzählbare Antikettenbedingung erfüllen, wieder die abzählbare Antikettenbedingung.

 Martins Axiom hat auch topologische Konsequenzen. So gilt zum Beispiel:

Übung

Es gelte (MA). Sei κ < 2ω, und seien Mα, α < κ, magere Teilmengen von . Dann ist ⋃α < κ Mα mager.

Erzwingung von Martins Axiom

 Wir werden nun durch iteriertes Forcing ein Modell konstruieren, in dem (MAω1) gilt. Damit ist dann die relative Konsistenz der Suslin-Hypothese gezeigt, und auch die Aussage „die abzählbare Antikettenbedingung für P und Q bleibt bei der Produktbildung P × Q erhalten“ ist als relativ konsistent zu ZFC nachgewiesen.

 Um den Beweis der Modellkonstruktion möglichst transparent zu machen, betrachten wir zwei allgemeine Aussagen vorab.

Übung

Sei M ⊨ (GCH). Sei κ eine reguläre überabzählbare Kardinalzahl in M. P erfülle die abzählbare Antikettenbedingung, und es gelte |P| ≤ κ. Weiter sei Q  ∈  M mit

P ⊩ „Q ist eine Bedingungsmenge mit |Q| ≤ ^κ“.

Dann gilt |P ∗ Q| ≤ κ.

 Da wir endliche Träger verwenden, folgt durch Induktion: Ist 〈 Pα, Qα | α < κ 〉 ein iteriertes Forcing in M mit Pα ⊩ „Qα erfüllt die abzählbare Antikettenbedingung und |Qα| ≤ κ“ für alle α < κ, so gilt |Pα| ≤ κ für alle α ≤ κ.

 Weiter brauchen wir folgende Abschätzungen der Kontinuumsfunktion:

Übung

Sei M ⊨ (GCH). Sei κ eine reguläre überabzählbare Kardinalzahl in M. P erfülle die abzählbare Antikettenbedingung, und es gelte |P| ≤ κ.

Dann gilt ⊩P „|2| ≤ ^κ“ für alle η < κ.

 Nach diesen Vorbereitungen können wir nun zeigen:

Satz (Erzwingung von Martins Axiom, Satz von Solovay und Tennenbaum)

Es gelte M ⊨ (GCH). Weiter sei κ regulär und überabzählbar in M. Dann existiert eine generische Erweiterung N von M mit:

(i)

M und N haben die gleichen Kardinalzahlen und Konfinalitäten.

(ii)

N ⊨ „(MA) und 2ω = κ“.

Beweis

Wir arbeiten in M und definieren eine Iteration der Länge κ durch Rekursion nach α < κ. Für alle α < κ definieren wir dabei Qα, 1α sowie eine Folge 〈 Qαξ | ξ < κ 〉 derart, dass gilt:

(a)

α „Qα ist eine Bedingungsmenge mit größtem Element 1α, die die abzählbare Antikettenbedingung erfüllt.“

(b)

Es gibt ein η < κ mit ⊩α „Qα ist eine Bedingungsmenge auf ^η.“

(c)

Für alle ξ < κ existiert ein η < κ mit:

α „Qαξ ist eine Bedingungsmenge auf ^η“

(d)

Für alle Q, alle η < κ und alle p  ∈  Pα existiert ein ξ < κ mit:

p ⊩α „Q ist eine Bedingungsmenge auf ^η“  impliziert  p ⊩α Q = Qαξ

Rekursionsschritt α

Wir fixieren eine Folge 〈 Qαξ | ξ < κ 〉 wie in (c) und (d) durch Aufzählung von Namen für jede Bedingungsmenge auf einem η < κ.

Zur Existenz:

Für alle η < κ gilt ⊩α 2 ≤ ^κ nach obiger Übung, also wird durch Pα erzwungen, dass es nur κ-viele Bedingungsmengen auf einem η < κ gibt. Da Pα die abzählbare Antikettenbedingung erfüllt und |Pα| ≤ κ gilt, gibt es wie üblich κω-viele Namen, die diese Bedingungsmengen einfangen. Nach (GCH) ist aber κω = κ.

Sei Γ(α) = (β, ξ), mit der Paarungsfunktion Γ. Dann gilt β ≤ α. Wir erzwingen im Wesentlichen mit Qβξ, falls erzwungen wird, dass diese Bedingungsmenge die abzählbare Antikettenbedingung erfüllt. Hierzu müssen wir aber den Pβ-Namen Qβξ noch nach Pα übersetzen. Wir definieren also eine Funktion t = tβ, α rekursiv für alle x  ∈  M durch:

t(x)  =  { (t(y), p⁀〈 1γ | β ≤ γ < α 〉) | (y, p)  ∈  x }.

Dann gilt für alle x und M-generischen Filter G auf Pα:

iGβ(x)  =  iG(t(x)).

Sei nun R1 = t(Qαξ), und sei R2 ein Pα-Name für die Bedingungsmenge { 0 }, d. h. es gilt ⊩α R2 = { 0 }. Wir setzen nun:

P1 =  { p  ∈  Pα | p ⊩α „R1 erfüllt die abzählbare Antikettenbedingung }
P2 =  { p  ∈  Pα | p ist inkompatibel mit allen Elementen von P1 }
Qα =  { (R1, p) | p  ∈  P1 }  ∪  { (R2, p) | p  ∈  P2 }

Ähnlich definieren wir 1α. Dann gilt (a) und (b).

Sei nun G ein M-generischer Filter auf Pκ. Wir zeigen, dass N = M[ G ] wie gewünscht ist. Es gilt (i), da Pκ die abzählbare Antikettenbedingung erfüllt. Nach obigen Vorabüberlegungen gilt zudem:

(1)  |Pκ| ≤ κ und folglich N ⊨ 2ω ≤ κ.

Als Nächstes zeigen wir, dass beschränkte Teilmengen von κ nicht in der letzten Stufe N = M[ G ] der Iteration generiert werden, sondern bereits früher erscheinen:

(2)  Sei x  ∈  (η) ∩ N für ein η < κ. Dann gibt es ein α < κ mit x  ∈  M[ Gα ].

Beweis von (2):  Sei ̋x ein Name von x, also iG(̋x) = x. Sei 〈 Aγ | γ < η 〉  ∈  M derart, dass für alle γ < η gilt: Aγ ist eine maximale Antikette in { p  ∈  Pκ | p ⊩κ ^γ  ∈  ̋x }. Dann gilt

x  =  { γ < η | G ∩ Aγ ≠ ∅ }.

Wegen der Regularität von κ und der Abzählbarkeit aller Aγ, γ < η, existiert ein α < κ mit supp(p) ⊆ α für alle p  ∈  ⋃γ < η Aγ. Sei nun

Bγ  =  { p|α | p  ∈  Aγ }  für alle γ < η.

Sei γ < η. Ist p  ∈  G ∩ Aγ, so ist p|α  ∈  Gα ∩ Bγ. Ist umgekehrt p  ∈  Gα ∩ Bγ, so ist p⁀〈 1β | α ≤ β < κ 〉 ein Element von G wegen G Filter, und weiter ein Element von Aγ nach Wahl von α. Insgesamt gilt also G ∩ Aγ ≠ ∅ genau dann, wenn Gα ∩ Bγ ≠ ∅. Also gilt

x  =  { γ < η | Gα ∩ Bγ ≠ ∅ }.

Es gilt Gα  ∈  M[ Gα ] und 〈 Bγ | γ < η  〉  ∈  M ⊆ M[ Gα ], also ist x  ∈  M [ Gα ].

Hinsichtlich der Gültigkeit von (MA) in N zeigen wir nun:

(3)  Sei Q  ∈  N eine Bedingungsmenge mit |Q| < κ, die die abzählbare Antikettenbedingung erfüllt. Weiter sei 𝒜 eine Menge von dichten Teilmengen von P mit |𝒜| < κ. Dann existiert ein 𝒜-generischer Filter G auf Q mit G  ∈  N.

Beweis von (3):  Ohne Einschränkung ist der Träger von Q ein η < κ. Nach (2) existiert ein β < κ mit Q, 𝒜  ∈  M[ Gβ ]. Da Q in N = M[ G ] die abzählbare Antikettenbedingung erfüllt, erfüllt Q diese Bedingung auch in M[ Gα ]. Nach (d) der Konstruktion gibt es also ein ξ < κ mit Q = iGα(Qβξ). Sei α < κ mit Γ(α) = (β, ξ). Dann gilt

iGα(Qα)  =  iGα(tβ, α(Qβξ))  =  Q.

Dann ist aber H = { iGα(p(α)) | p  ∈  G }  ∈  N ein M[ Gα ]-generischer Filter auf Q, und wegen 𝒜 ⊆ M[ Gα ] also wie gewünscht.

Schließlich haben wir automatisch ein großes Kontinuum erzwungen:

(4)  N ⊨ 2ω  ≥  κ.

Beweis von (4):  Es gibt unbeschränkt viele α < κ mit iGα(Qα) = part(ω, 2), und für jedes derartige α ist

xα =  { n  ∈  ω | iGα(p(α))(n) = 1 | p  ∈  G }
=  { n  ∈  ω | iGα(p(α))(n) = 1 | p  ∈  Gα + 1 }

ein Element von M[ Gα + 1 ] − M[ Gα ].

Also gilt 2ω = κ in N. Nach (3) gilt dann aber auch (MA) in N.

Martins Maximum

 Es stellt sich die Frage, inwieweit wir die Antikettenbedingung in Martins Axiom noch abschwächen können. Wir definieren hierzu:

Definition (Stationarität erhaltende Bedingungsmengen)

Eine Bedingungsmenge P erhält stationäre Mengen (bzgl. ω1), falls für alle stationären S ⊆ ω1 gilt:

⊩ ^S ist stationär in ^ω1.

 Eine sehr starke Verallgemeinerung von Martins Axiom ist nun das folgende Prinzip von Foreman, Magidor und Shelah (1988):

Martins Maximum (MM)

Sei P eine Bedingungsmenge, die stationäre Mengen erhält. Sei 𝒜 eine Menge mit |𝒜| ≤ ω1. Dann existiert ein 𝒜-generischer Filter auf P.

 Die Bezeichnung als „Maximum“ ist gerechtfertigt durch die folgende Beobachtung:

Satz (zur Maximalität von (MM))

Sei P eine Bedingungsmenge derart, dass ein stationäres S ⊆ ω1 existiert mit non(⊩ ^S ist stationär in ^ω1). Dann existiert ein 𝒜 mit |𝒜| = ω1 derart, dass kein 𝒜-generischer Filter auf P existiert.

Beweis

Ohne Einschränkung existiert ein X mit

1P ⊩ X ist club in ^ω1 und X ∩ ^S = ∅.

Für alle α < ω1 setzen wir:

Dα  =  { p  ∈  P | es gibt ein γ ≥ α mit p ⊩ ^γ  ∈  X }

Eα  =  { p  ∈  P | p ⊩ ^α  ∈  X }  ∪
{ p  ∈  P | es gibt ein β < α mit p ⊩ X ∩ ^α ⊆ ^β }

Dann sind alle Dα und Eα dicht in P (!). Sei

𝒜  =  { Dα, Eα | α < ω1 }.

Annahme, es gibt einen 𝒜-generischen Filter G auf P. Wir setzen dann

C  =  { α < ω1 | es gibt ein p  ∈  G mit p ⊩ ^α  ∈  X }.

Dann ist C club in ω1 (!). Also existiert ein α  ∈  X ∩ S. Dann existiert also ein p  ∈  P mit p ⊩ ^α  ∈  X. Also p ⊩ ^α  ∈  ^S ∩ X, Widerspruch.

Übung

Zeigen Sie die beiden mit (!) markierten Behauptungen.

 Wir zitieren ohne Beweis einige wichtige Ergebnisse über Martins Maximum, und verweisen den Leser auf die Literatur für Beweise und eine weitere Diskussion dieses und verwandter Prinzipien.

Satz (über Martins Maximum)

(a)

Sei P eine Bedingungsmenge, die die abzählbare Antikettenbedingung erfüllt. Dann erhält P stationäre Mengen.

Insbesondere folgt also (MAω1) aus (MM).

(b)

Sei P eine ω1-abgeschlossene Bedingungsmenge. Dann erhält P stationäre Mengen.

(c)

Gilt (MM), so ist 2ω = 2ω1 = ω2.

Insbesondere folgt also (MA) aus (MM).

(d)

Gilt (MM), so gilt die singuläre Kardinalzahlhypothese (SCH).

Gilt (MM), so ist der club-Filter 𝒞 auf ω1 saturiert.

 Modelle von Martins Maximum können wieder mit iteriertem Forcing konstruiert werden. Allerdings muss man hier die Existenz sehr starker großer Kardinalzahlen (im Bereich von „superkompakt“) im Grundmodell annehmen.