Kompaktheit

 Der Baireraum und der Cantorraum repräsentieren also eine große Klasse von Folgenräumen. Dagegen unterscheiden sich nun 𝒩 und 𝒞 untereinander wesentlich in Bezug auf Kompaktheitseigenschaften. Die kompakten Teilmengen der Folgenräume lassen sich nun generell überraschend einfach charakterisieren:

Satz (Charakterisierung der kompakten Mengen in Folgenräumen)

Sei A eine Menge, und sei P ⊆ A. Dann sind äquivalent:

(i)

P ist kompakt.

(ii)

P ist abgeschlossen und TP ist endlich verzweigt.

Beweis

(i)  (ii):

Wegen P kompakt ist P abgeschlossen.

Sei T = TP. Annahme, es existiert ein s  ∈  T mit unendlich vielen Nachfolgern in T. Dann ist

NAs  ∩  P  ⊆  ⋃a  ∈  A NAsa

eine offene Überdeckung von NAs ∩ P ohne endliche Teilüberdeckung.

Also ist die abgeschlossene Menge NAs ∩ P ⊆ P und damit P selbst nicht kompakt, Widerspruch.

(ii)  (i):

Sei wieder T = TP. Wegen P abgeschlossen ist [ T ] = P.

Sei P ⊆ ⋃s  ∈  S NAs für ein S ⊆ T.

Dann ist S eine Barriere in T.

Nach dem Fächersatz existiert eine endliche Teilbarriere B ⊆ S.

Dann ist aber P ⊆ ⋃s  ∈  B NAs.

 Explizit halten wir fest:

Korollar (Kompaktheit des Körpers von endlich verzweigten Bäumen)

Sei A eine Menge, und sei T ⊆ SeqA ein blattfreier Baum.

Dann ist [ T ] genau dann kompakt, wenn T endlich verzweigt ist.

Weiter gilt:

(a)

Ist A endlich, so ist A kompakt.

(b)

Ist A unendlich, so ist A nirgendwo kompakt, d. h. für alle kompakten P ⊆ A ist int(P) = ∅.

 zu (b): Ist A unendlich und NAs ⊆ P, so ist TP an der Stelle s unendlich verzweigt, und damit ist P nicht kompakt.

 Beschränken wir uns auf abzählbare Alphabete, so bilden der Cantorraum und der Baireraum die beiden Gegenpole in den Folgenräumen: 𝒞 ist kompakt, 𝒩 ist nirgendwo kompakt.

 Mit einem Fächersatz-Argument können wir auch die zugleich offenen und abgeschlossenen Mengen des Cantorraumes charakterisieren. Allgemein zeigen wir:

Satz (Charakterisierung der offenen und abgeschlossen Mengen in [ T ])

Sei A eine Menge, und sei T ein endlich verzweigter Baum auf A.

Weiter sei P ⊆ [ T ]. Dann sind äquivalent:

(i)

P ist offen und abgeschlossen in [ T ] (wobei [ T ] ⊆ A mit der Relativtopologie versehen wird).

(ii)

Es gibt ein endliches B ⊆ SeqA mit P = ⋃s  ∈  B NAs ∩ [ T ].

Beweis

(i)  (ii):

Wegen P offen in [ T ] ist P = ⋃s  ∈  S NAs ∩ [ T ] für ein S ⊆ SeqA.

Wegen P abgeschlossen ist aber [ TP ] = P und S eine Barriere in TP.

Da T endlich verzweigt ist, existiert eine endliche Teilbarriere B von S, und dann ist B wie gewünscht.

(ii)  (i):

Ist klar, da alle NAs ∩ [ T ] zugleich offen und abgeschlossen in [ T ] sind.

 Für den Cantorraum sind also die offenen und abgeschlossenen Mengen genau die Mengen der Form ⋃s  ∈  S Cs für ein endliches S ⊆ Seq2. Im Gegensatz zu 𝒩 gibt es also nur „zeitlich uniform entscheidbare“ offene und abgeschlossene Teilmengen U von 𝒞: Es gibt ein n  ∈   derart, dass für alle f  ∈  𝒞 die Information f|n genügt, um zu entscheiden, ob f  ∈  U gilt oder nicht. Für offene und zugleich abgeschlossene Teilmengen von 𝒩 gibt es ebenfalls einen solchen Entscheidungszeitpunkt n, er hängt aber i.A. von f ab.