Perfekte polnische Räume
Zunächst zeigen wir:
Satz (Mächtigkeit der perfekten Mengen)
Sei P ⊆ 𝒩 perfekt und nichtleer. Dann gilt |P| = 2ω.
Beweis
Wir konstruieren ein injektives h : 𝒞 → P. Dann gilt
2ω = |𝒞| ≤ |P| ≤ |𝒩| = ωω = 2ω,
also |P| = 2ω.
Wir definieren hierzu durch Rekursion über s ∈ Seq2 t(s) ∈ TP durch:
t(〈 〉) | = 〈 〉, |
t(s0) | = t1, t(s1) = t2, |
wobei t1, t2 ∈ TP inkompatible Fortsetzungen von t(s) sind; solche Fortsetzungen existieren, da TP ein perfekter Baum ist.
Sei T = { t | t ≤ t(s) für ein s ∈ Seq2 }.
Für f ∈ 𝒞 sei
h(f) = ⋃n ∈ ℕ t(f|n).
Dann ist h : 𝒞 → [ T ] bijektiv und [ T ] ⊆ [ TP ] = P.
Für das Kontinuum ℝ erhalten wir:
Korollar
Jede nichtleere perfekte Teilmenge von ℝ hat die Mächtigkeit von ℝ.
Beweis
𝒩 ist homöomorph zu ℝ − ℚ. Ist P ⊆ ℝ perfekt, so ist P − ℚ perfekt in der Relativtopologie des Raumes ℝ − ℚ, den wir mit 𝒩 identifizieren können.
Damit ist |P − ℚ| = 2ω, also auch |P| = 2ω.
Die Projektion von Seq2 in einen perfekten Baum T im Beweis oben ist besonders anschaulich und klar. Wir können immer darauf warten, dass sich der Baum TP oberhalb eines Knotens s in mindestens zwei Äste aufteilt, und dies liefert dann eine einfache Injektion von 𝒞 in den Körper von TP. Wir haben unendlich oft die Wahl zwischen mindestens zwei Möglichkeiten und damit mindestens 2ω viele Pfade.
Allgemeiner gilt nun der folgende Satz:
Satz (Mächtigkeit perfekter Teilmengen polnischer Räume, Kopien von 𝒞)
Sei 𝒳 = 〈 X, 𝒰 〉 ein nichtleerer perfekter polnischer Raum.
Dann gilt |X| = 2ω.
Genauer gilt: 𝒳 enthält eine Kopie von 𝒞, d. h. es gibt ein C ⊆ X, das unter der Relativtopologie von 𝒳 homöomorph zu 𝒞 ist.
C ist dann perfekt in X.
Beweis
Wegen 𝒳 separabel gilt |𝒰| ≤ 2ω. Aber für alle x ∈ X ist X − { x } ∈ 𝒰, und damit ist auch |X| ≤ 2ω.
Wir wollen nun 𝒞 in 𝒳 einbetten. Wir beobachten hierzu:
(+) | Sei Y ⊆ X offen und nichtleer, und sei ε > 0. Dann existieren offene und disjunkte Y0, Y1 ≠ ∅ mit diam(Yi) < ε und cl(Y0) ∪ cl(Y1) ⊆ Y. |
Beweis von (+)
Wegen der Perfektheit von X existieren x0, x1 ∈ Y mit x0 ≠ x1.
Umgebungen Y0 und Y1 von x0 bzw. x1 mit hinreichend kleinem Durchmesser sind dann wie gewünscht.
Wir können also rekursiv Mengen Cs ⊆ X für s ∈ Seq2 definieren, sodass für alle s ∈ Seq2 gilt:
(α) | C〈 〉 = X, |
(β) | Cs ist offen und nichtleer, |
(γ) | cl(Csi) ⊆ Cs für i = 0, 1, |
(δ) | Cs0 ∩ Cs1 = ∅, |
(ε) | diam(Cs) < 1/2|s|. |
Für alle f ∈ 𝒞 ist dann ⋂n ∈ ℕ Cf|n = ⋂n ∈ ℕ cl(Cf|n) einelementig.
Wir definieren nun h : 𝒞 → X durch:
h(f) = „das eindeutige x ∈ X mit x ∈ ⋂n ∈ ℕ Cf|n“.
Dann ist h : 𝒞 → C mit C = rng(h) ⊆ X ein Homöomorphismus.
Zum Zusatz: C hat keine isolierten Punkte in X (diese wären isoliert in C), und zudem ist C kompakt in X, insbesondere abgeschlossen in X.
Kompaktheit ist hier wesentlich: Eine perfekte Teilmenge P von X ist als polnischer Raum perfekt, aber nicht jeder polnische Teilraum von X, der als Raum perfekt ist, ist eine perfekte Teilmenge von X, man denke etwa wieder an ] 0, 1 [ ⊆ ℝ.
Der Satz beinhaltet obiges Korollar über die Mächtigkeit nichtleerer perfekter Teilmengen von ℝ.
Explizit halten wir fest:
Korollar (Existenzsatz für isolierte Punkte)
Sei 𝒳 = 〈 X, 𝒰 〉 ein nichtleerer abzählbarer polnischer Raum.
Dann existiert ein isolierter Punkt von X.
Insbesondere besitzt jede abgeschlossene abzählbare nichtleere Teilmenge P von 𝒩, ℝ, … einen isolierten Punkt. Das Gleiche gilt für abzählbare P, die ein Schnitt von abzählbar vielen offenen Mengen sind. Insbesondere ist ℚ kein solcher Schnitt.