Magere Mengen und Nullmengen

 Mit mager und vom Maß Null haben wir zwei natürliche σ-stabile Kleinheitsbegriffe gefunden, und die zugehörigen Begriffe der Baire- und der Lebesgue-Messbarkeit weisen sehr ähnliche Strukturen auf, wie etwa die Darstellungssätze zeigen. Überraschenderweise sind nun aber diese beiden Anschauungsformen von „klein“ völlig verschieden. Sie stehen in der folgenden Weise senkrecht aufeinander:

Satz (Zerlegung von 𝒞 in eine magere Menge und eine Lebesgue-Nullmenge)

Es gibt M, N ⊆ 𝒞 mit der Eigenschaft:

(i)

𝒞  =  M ∪ N,  M ∩ N  =  ∅.

(ii)

M ist mager, d. h. M ist eine Baire-Nullmenge.

(iii)

N ist eine Lebesgue-Nullmenge.

Beweis

Sei f0, f1, … eine Aufzählung einer abzählbaren dichten Teilmenge von 𝒞.

Für n, k  ∈   sei Un, k = Cfk|(n + k + 1). Für n  ∈   sei weiter

Vn  =  ⋃k  ∈   Un, k.

Dann gilt fk  ∈  Vn für alle k, n  ∈  . Also gilt:

(+)  Vn ist offen und dicht in 𝒞 für alle n  ∈  .

Weiter ist μ(Un, k) = 1/2n · 1/2k + 1 für n, k  ∈  , und damit gilt für alle n  ∈  

μ(Vn)  ≤  1/2n · k  ∈   1/2k + 1  =  1/2n.

Wir setzen:

N  =  ⋂n  ∈   Vn,  M  =  𝒞  −  N  =  ⋃n  ∈   (𝒞  −  Vn).

Dann ist μ(N) ≤ 1/2n für alle n  ∈  , also μ(N) = 0. Aber wegen (+) ist 𝒞 − Vn nirgendsdicht für alle n  ∈  , und damit ist M mager.

 Hinter dem Satz steht letztendlich die elementare Tatsache der Analysis, dass unendliche Summen von positiven reellen Zahlen einen beliebig kleinen Wert haben können. Damit können wir durch eine feine Perforation von 𝒞 (oder auch 𝒩 oder [ 0, 1 ]k ⊆ k für k ≥ 1) magere Mengen erzeugen, deren Lebesgue-Maß beliebig nahe an 1 liegt. Die σ-Stabilität der Begriffe liefert dann eine magere Menge vom Lebesgue-Maß 1.