1b. Das Riemann-Integral (Lösungen)

Übung 1

Sei f : [ 0, 1 ]   mit f (x) = x2 für alle x  ∈  [ 0, 1 ]. Berechnen Sie jeweils die Riemann-Summen p0 f, …, p4 f für die äquidistanten Partitionen p0, …, p4 von [ 0, 1 ] der Längen 1, …, 5 mit

(a)

linksseitigen

(b)

mittigen

(c)

rechtsseitigen

Stützstellen. (Die berechneten Werte können Sie in Form einer Tabelle angeben.) Welcher Summen-Typ approximiert den Wert 1/3 des zugehörigen Integrals am besten (gemessen an der Länge der Partition)? Wie lässt sich dies erklären?

Lösung zur Übung 1

Die allgemeinen Formeln für die äquidistanten Riemann-Summen der Länge n einer Funktion f : [ a, b ]   sind, mit δn = (b − a)/n:

linksseitigδn 0 ≤ k < n f(a + k δn)
mittigδn 0 ≤ k < n f(a + (k + 1/2) δn)
rechtsseitigδn 0 ≤ k < n f(a + (k + 1) δn)

Exakt und gerundet ergeben sich mit a = 0, b = 1 und f (x) = x2:

Typ\Länge

1

2

3

4

5

links

0

1/8

5/27

7/32

6/25

mittig

1/4

5/16

35/108

21/64

33/100

rechts

1

5/8

14/27

15/32

11/25

Typ\Länge

1

2

3

4

5

links

0

0,125

0,185

0,219

0,24

mittig

0,25

0,313

0,324

0,328

0,33

rechts

1

0,625

0,519

0,469

0,44

Mittige Stützstellen approximieren den Wert 1/3 am besten (gemessen an der Länge der Partition). Die Funktion f : [ 0, 1 ]   ist streng monoton steigend. Damit unterschätzen linksseitige Riemann-Summen das Integral, während rechtsseitige Riemann-Summen das Integral überschätzen. Bei mittigen Stützstellen ergibt sich innerhalb jedes Zerlegungsintervalls der Partition sowohl eine Überschätzung (links der Stützstelle) als auch eine Unterschätzung (rechts der Stützstelle). Durch den Ausgleich der Fehler ergibt sich insgesamt eine bessere Approximation.

Übung 2

Sei f : [ a, b ]   integrierbar. Zeigen Sie, dass f beschränkt ist.

Lösung zur Übung 2

Wir beginnen mit einigen allgemeinen Überlegungen.

Sei c = I(f). Nach Definition der Integrierbarkeit gibt es ein δ > 0, sodass für alle Partitionen p von [ a, b ] der Feinheit δ gilt:

|p f  −  c|  <  1/2

Dann gilt aber für alle Partitionen p, q von [ a, b ] der Feinheit δ:

(+)  |p f  −  q f|  <  1

Denn nach der Dreiecksungleichung gilt:

|p f  −  q f| =  |p f  −  c  +  c  −  q f|
≤  |p f  −  c|  +  |c  −  q f|
<  1/2  +  1/2  =  1

Wir nehmen nun an, dass f unbeschränkt auf [ a, b ] ist. Sei p = (tk, xk)k ≤ n eine beliebige Partition von [ a, b ] der Feinheit δ. Dann gibt es ein k, sodass f auf [ tk, tk + 1] unbeschränkt ist (denn jede Partition hat nur endlich viele Zerlegungsintervalle [ tk, tk + 1 ]). Folglich existiert ein x*  ∈  [ tk, tk + 1 ] mit

|f (xk)  −  f (x*)|  ≥  1/Δk,  wobei Δk = tk + 1 − tk.

Sei q die Partition von [ a, b ], die wir erhalten, wenn wir die Stützstelle xk im Zerlegungsintervall [ tk, t k + 1 ] von p durch x* ersetzen (ansonsten ist q genau wie p). Es gilt δ(q) = δ(p) ≤ δ. Für die Riemann-Summen erhalten wir:

|p f  −  q f|  =  (tk + 1 − tk) |f (xk) − f (x*)|  ≥  Δk · 1/Δk  =  1,

im Widerspruch zu (+). (In der Differenz der Riemann-Summen löschen sich alle Summanden bis auf den k-ten gegenseitig aus, da die Partitionen außerhalb von [ tk, tk + 1 ] übereinstimmen.)