6b. Taylor-Entwicklung und lokale Extremwerte (Lösungen)

Übung 1

Sei f : P  , P ⊆ n, dreimal stetig differenzierbar, und sei p  ∈  P.

(a)

Bestimmen Sie (in Analogie zur Diskussion der Taylor-Polynome der Ordnungen 0, 1 und 2) das Taylor-Polynom T3p f.

(b)

Welche partiellen Ableitungen tauchen für den Fall n = 2 im Vergleich zum Taylor-Polynom T2p f zweiter Ordnung zusätzlich auf?

(c)

Berechnen Sie T30 f für f : 2   mit f(x, y) = x2 y.

Lösung zur Übung 1

zu (a):

Für alle x  ∈  n gilt:

T3p f (x) =  σ(k) ≤ 3f (k)(p)k! (x − p)k
=  T2p f (x)  +  σ(k) = 3f (k)(p)k! (x − p)k

Die Summe über „σ(k) = 3“ hat die Summanden:

(1)

16 1 ≤ j ≤ nj3 f (p) (x − p)j3(k! = 1)

(2)

12 1 ≤ i, j ≤ n, i ≠ jij2 f (p) (x − p)i (x − p)j2(k! = 2)

(3)

1 ≤ i < j < k ≤ ni, j, k f (p) (x − p)i (x − p)j (x − p)k(k! = 1)

Die Summe (2) ist im Fall n = 1 leer, die Summe (3) im Fall n ≤ 2.

In langer Darstellung lautet die Summe über „σ(k) = 3“:

(+)  16 1 ≤ i, j, k ≤ ni, j, k f (p) (x − p)i (x − p)j (x − p)k(n3 Summanden)

Die Summe (1) ist eine Teilsumme der Langform (+). Jeder Summand der Summe (2) taucht im Fall n ≥ 2 in der Langform genau dreimal auf. Jeder Summand der Summe (3) ist in der Langform im Fall n ≥ 3 sogar sechsmal vorhanden.

Beispiele

So führen etwa für n ≥ 2 die drei Tripel

(i, j, k)  =  (1, 1, 2), (1, 2, 1), (2, 1, 1)

jeweils zum Summanden

122 f (p) (x − p)12 (x − p)2  in (2).

Analog führen für n ≥ 3 die sechs Tripel

(i, j, k)  =  (1, 2, 3),  (1, 3, 2),  (2, 1, 3),  (2, 3, 1),  (3, 1, 2),  (3, 2, 1)

jeweils zum Summanden

123 f (p) (x − p)1 (x − p)2 (x − p)3  in (3).

Bemerkung

Die Summen in (1), (2), (3) und (+) haben n, n (n− 1), „3 aus n“ bzw. n3 Summanden. Unsere Überlegungen zeigen:

n  +  3 n (n − 1)  +  6 n3  =  n3  für alle n ≥ 3.

Diese Formel lässt sich auch leicht direkt verifizieren.

zu (b):

Im Fall n = 2 ist die Summe (3) leer. Im Vergleich zum Taylor-Polynom zweiter Ordnung gibt es vier neue Summanden:

(1)

16 (13 f (p) (x − p)j3  +  ∂2f (p) (x − p)23)

(2)

12 (122 f (p) (x − p)1 (x − p)22  +  ∂122 f (p) (x − p)12 (x − p)2)

zu (c):

Für f : 2   mit f(x, y) = x2 y gilt:

grad(f)(x, y)  =  (2 x y, x2),  Hf(x, y)  =  ((2 y, 2 x), (2 x, 0))

13 f (x, y)  =  0,  ∂23 f (x, y)  =  0,  ∂122 f (x, y)  =  0,  ∂122 f (x, y)  =  2

Damit erhalten wir im Entwicklungspunkt p = 0:

T30 f (x, y)  =  12 2 (x − 0)2 (y − 0)  =  x2 y  =  f(x, y)  für alle (x, y)  ∈  2

Das Taylor-Polynom dritter Ordnung von f ist also f (ein Polynom dritten Grades in zwei Variablen). Vgl. hierzu die Reproduktion von Polynomen durch Taylor-Entwicklung im eindimensionalen Fall.

Übung 2

Wir definieren f, g, h : 2   durch:

f(x, y)  =  x2,  g(x, y)  =  x2 +  y3,  h(x, y)  =  x2  +  y4  für alle (x, y)  ∈  2.

Zeigen Sie:

(a)

grad(f)(0)  =  grad(g)(0)  =  grad(h)(0)  =  0.

(b)

Hf(0), Hg(0), Hh(0) sind positiv semidefinit, aber nicht positiv definit.

(c)

Der Ursprung 0 ist eine nicht strikte lokale Minimalstelle von f, keine lokale Extremalstelle von g und eine strikte lokale Minimalstelle von h.

Lösung zur Übung 2

zu (a):

Für alle (x, y)  ∈  2 gilt:

grad(f)(x, y)  =  (2x, 0)grad(f)(0)  =  (0, 0)  =  0
grad(g)(x, y)  =  (2x, 3 y2)grad(g)(0)  =  (0, 0)  =  0
grad(g)(x, y)  =  (2x, 4 y3) grad(g)(0)  =  (0, 0)  =  0

zu (b):

Für alle (x, y)  ∈   gilt:

Hf(x, y)  =  2000,  Hf(0)  =  2000

Hg(x, y)  =  2006y,  Hg(0)  =  2000

Hh(x, y)  =  20012y2,  Hh(0)  =  2000

Sei H = Hf(0) = Hg(0) = Hh(0). Dann gilt für alle (x, y)  ∈  2:

〈 (x, y), H (x, y) 〉  =  〈 (x, y), (2x, 0) 〉  =  2x2  ≥  0.

Damit ist H positiv semidefinit. Wegen 〈 (0, 1), H (0, 1)  〉 = 0 ist H nicht positiv definit.

zu (c):

Da H weder (positiv oder negativ) definit noch indefinit ist, ist das hinreichende Definitheits-Kriterium für lokale Extrema nicht anwendbar. Wir weisen die Eigenschaften direkt nach.

Es gilt f (0) = g(0) = h(0) = 0.

Für alle (x, y)  ∈  2 gilt f(x, y) = x2 ≥ 0. Damit hat f ein lokales Minimum bei 0. Da f(0, y) = 0 für alle y gilt, ist das Minimum nicht strikt.

Für alle (0, y)  ∈  2 gilt:

g(0, y)  =  y3  >  0,  falls  y  >  0,

g(0, y)  =  y3  <  0,  falls  y  <  0.

Damit nimmt g in jeder Umgebung des Nullpunkts sowohl positive als auch negative Werte an, sodass der Nullpunkt keine lokale Extremalstelle von g ist.

Für alle (x, y)  ∈  2 mit (x, y) ≠ 0 gilt

h(x, y)  =  x2  +  y4  >  0.

Wegen h(0) = 0 ist also der Nullpunkt eine strikte lokale Minimalstelle von h.